Streit um atomares Zwischenlager im Kernkraftwerk Unterweser weiter offen

28.04.2012

 

Zu: BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11

 

Nach dem Inhalt der auf 40 Jahre befristeten Genehmigung darf die beigeladene Betreiberin des Kernkraftwerks in dem Zwischenlager bestrahlte Brennelemente in bis zu 80 Castor-Behältern aufbewahren. Die Kläger sind Landwirte, die überwiegend Milchviehwirtschaft betreiben. Ihre Hofstellen sind von dem Zwischenlager ca. 1,7 bzw. 3 km entfernt, ein Teil der Grünlandflächen reicht bis auf 140 m an das Kraftwerksgelände heran. Nach ihrer Auffassung ist der erforderliche Schutz des Zwischenlagers gegen terroristische Angriffe, insbesondere gegen einen gezielten Flugzeugabsturz oder einen Beschuss mit sog. Hohlladungsgeschossen (etwa Panzerfäusten) nicht gewährleistet.

Das Oberverwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Aufgrund des sog. Funktionsvorbehalts im Atomrecht sei die Exekutive für die Risikoermittlung und -bewertung allein verantwortlich. Die gerichtliche Nachprüfung atomrechtlicher Genehmigungen sei darauf beschränkt, ob die behördliche Risikoermittlung und Risikobewertung auf einer ausreichenden Datenbasis und willkürfreien Annahmen beruht. Dies sei hier der Fall. Der maßgebliche Richtwert für eine Evakuierung werde nach den – aus Gründen des Geheimnisschutzes im Gerichtsverfahren nur teilweise offen gelegten – Sachverständigengutachten selbst beim Absturz einer vollgetankten Boeing 747 nicht erreicht. Den Flugzeugtyp Airbus A 380 habe die Beklagte zum maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigungserteilung noch nicht in die Prüfung einbeziehen müssen. Auch im Hinblick auf Gefahren aus einem Panzerfaustbeschuss werde der Richtwert deutlich unterschritten.

Das BVerwG hat das angefochtene Urteil aufgehoben.

Nach Auffassung des BVerwG verletzt das Urteil revisibles Recht, weil das Oberverwaltungsgericht seiner Entscheidung, die Behörde habe den Airbus A 380 aus der Risikobewertung ausblenden dürfen, einen fehlerhaften Willkürmaßstab zugrunde gelegt hat und ihm überdies bei der Beurteilung der Vorsorge gegen den Beschuss mit Panzerfäusten ein Fehler bei der Überzeugungsbildung unterlaufen ist. Mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen kann das BVerwG nicht selbst über die Rechtmäßigkeit der Genehmigung entscheiden. Die Sache musste deshalb an die Vorinstanz zurückverwiesen werden.