Vorzeitig erklärte Abnahme: Keine Anfechtung trotz Mängeln!

28.03.2012

Die Erwerber einer Doppelhaushälfte erklärten gegenüber dem Bauträger im Jahr 2005 ausdrücklich die Abnahme des gesamten "Kaufobjekts". Zu diesem Zeitpunkt waren Außenanlage und Tiefgarage des Doppelhauses noch nicht fertig gestellt, was im Abnahmeprotokoll auch festgehalten wurde. Anfang 2011 reichten sie sodann wegen Mängeln Klage gegen den Bauträger ein. Dieser beruft sich auf die Einrede der Verjährung.

Mit Erfolg! Zwar war das Doppelhaus im Zeitpunkt der Abnahme wegen der noch ausstehenden Tiefgarage und Außenanlage objektiv noch nicht abnahmereif. Trotzdem lag eine voll wirksame Vorwegabnahme vor. Schließlich steht es dem Auftraggeber rechtlich frei, die Abnahme nach § 640 BGB mit deren gravierenden Rechtsfolgen auch vorzeitig zu erklären (BGH, IBR 2006, 450). Für die Wirksamkeit der Vorwegabnahme kommt es nicht darauf an, dass sich der Auftraggeber der Tatsache der Vorwegabnahme bewusst ist. Allein entscheidend ist sein nach außen tretender Wille, die Abnahme zu erklären. Dies war hier insbesondere aufgrund der eindeutigen Formulierungen im Abnahmeprotokoll der Fall. Denn aus diesen folgte, dass die Auftraggeber die Abnahme in Kenntnis der noch ausstehenden Arbeiten erklärten. Damit begann die fünfjährige Verjährungsfrist des § 634a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BGB mit der Abnahme im Jahr 2005. Der Anspruch war bei Klageerhebung im Jahr 2011 damit verjährt. Da die Abnahmewirkungen bereits im Jahr 2005 eintraten, konnte auch durch eine spätere erneute Abnahme im Jahr 2006 die Abnahmewirkung des § 634a Abs. 2 BGB nicht nochmals herbeigeführt werden. Auch eine wirksame Anfechtung der Abnahmeerklärung (BGB §§ 119, 123) kommt nicht in Betracht. Im Falle eines Irrtums des Auftraggebers über den erreichten Bautenstand im Zeitpunkt der Abnahme oder seine Pflicht zur Abnahme ist das Anfechtungsrecht nämlich durch die vorrangigen §§ 633 ff BGB ausgeschlossen. Das gilt sogar dann, wenn der Auftragnehmer die Abnahmefähigkeit arglistig vorspielt. Denn die Arglistfolgen regelt speziell § 634a Abs. 3 BGB. Für die Arglist ist hier nichts ersichtlich.

Der Auftraggeber kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, ihm sei zum Zeitpunkt seiner ausdrücklich und umfassend erklärten Abnahmeerklärung nicht bewusst gewesen, dass noch keine Abnahmereife vorlag. Trotz eines möglichen Irrtums über die Abnahmereife des Werks liegt also eine wirksame Abnahmeerklärung vor, die auch nicht mehr durch Anfechtung beseitigt werden kann. Der Auftraggeber sollte vor einer ausdrücklichen Abnahmeerklärung daher ernsthaft prüfen, ob er von seinem Recht, die Abnahme trotz fehlender Abnahmereife zu erklären, Gebrauch machen möchte. Jedenfalls muss er sich im Klaren darüber sein, dass auch mit der Vorwegabnahme die Gewährleistungsfrist zu laufen beginnt und eine spätere erneute Abnahme diese nicht nochmals in Gang setzt. Ob eine Vorwegabnahme auch durch schlüssiges Verhalten - etwa die bloße Teilnahme an einem Abnahmetermin - erklärt werden kann, bedarf strenger Prüfung und wird im Zweifel zu verneinen sein.