Fehlende Erklärungen: Bewerbungsbedingungen können Nachforderung ausschließen!

28.03.2012
Zu: VK Bund, Beschluss vom 08.07.2011 - VK 1-75/11
Der Auftraggeber schrieb Bauleistungen im Offenen Verfahren nach SektVO aus. Die Bewerbungsbedingungen geben vor, dass, soweit Erklärungen und Nachweise nach § 19 Abs. 3 SektVO nachgefordert werden können, eine Nachforderung in keinem Fall für alle zu Preisen gehörigen Unterlagen und Aufschlüsselungen erfolgen wird. Die spätere Antragstellerin beteiligte sich als Bietergemeinschaft am Verfahren. In ihrem Angebot fehlte allerdings ein Kalkulationsschlussblatt gemäß Anlage 4.1 der Vergabeunterlagen für sämtliche Leistungen der Bietergemeinschaft. Der Auftraggeber schließt das Angebot deshalb von der Wertung aus.
Der gegen den Ausschluss angestellte Vergabenachprüfungsantrag bleibt ohne Erfolg. Das Angebot der Antragstellerin ist unvollständig, da sie in ihrem Angebot nicht das Kalkulationsschlussblatt für die Bietergemeinschaft und damit für die gesamte Angebotssumme eingereicht hat. Eine Nachforderung dieser Angaben bzw. Unterlage ist vorliegend nicht zulässig. Nach den Vorgaben der Bewerbungsbedingungen ist das Ermessen des Auftraggebers nach § 19 Abs. 3 SektVO, fehlende Erklärungen und Nachweise nachzufordern, auf Null reduziert, so dass eine Nachforderung ausgeschlossen ist. Die Bewerbungsbedingungen sehen vor, dass die Nachforderung aller zu den Preisen gehörenden Unterlagen ausgeschlossen ist. Beim Kalkulationsschlussblatt handelt es sich aber um eine zu den Preisen gehörende Unterlage. Es werden die einzelnen Preisbestandteile wie etwa die Kosten der technischen und kaufmännischen Geschäftsführung ausgewiesen. Auch dienen solche Angaben als Grundlage für Nachtragsverhandlungen. § 19 Abs. 3 SektVO kann keine unabdingbare grundsätzliche Pflicht zur Nachforderung von Erklärungen und Nachweisen entnommen werden, da es sich um eine Ermessensvorschrift handelt. Anhaltspunkte für eine Diskriminierung der Antragstellerin gegenüber den übrigen Bietern oder für sachfremde Erwägungen des Auftraggebers sind nicht erkennbar.
Das Auftraggebern nach § 19 Abs. 3 SektVO und auch § 19 EG Abs. 2 VOL/A 2009 zukommende Ermessen in Bezug auf die Nachforderung von bei Angebotsabgabe fehlenden Erklärungen und Nachweisen kann zulässigerweise bereits vor Eingang der Angebote ausgeübt werden. Darauf, dass eine Nachforderung nicht erfolgen wird, ist aus Transparenzgründen aber bereits in den Vergabeunterlagen hinzuweisen, um kein Vertrauen darauf, dass eine ordnungsgemäße Ermessensentscheidung erst nach Eingang der Angebote vorgenommen werden wird, entstehen zu lassen. An eine entsprechende Mitteilung ist der Auftraggeber dann für das weitere Verfahren gebunden. Raum für eine Nachforderung besteht hiervon unberührt ohnehin auch nur dann, wenn ein geforderter Nachweis oder eine geforderte Erklärung nicht fristgerecht vorgelegt wurde. Die Unterlage muss also in Gänze oder zumindest in Teilen fehlen bzw. unvollständig sein. Eine Nachforderung ist ausgeschlossen, wenn Erklärungen oder Nachweise zwar vorgelegt werden, aber inhaltlich nicht den gestellten Anforderungen entsprechen. Die Heilung inhaltlich fehlerhafter Angebote ist nicht zulässig.