Nachfordern heißt nicht verbessern - Nur fehlende Nachweise können nachgefordert werden!

19.03.2012

Zu: VK Bund, Urteil vom 14.12.2011 - VK 1-153/11

 

In einem VOL/A-EG Verfahren über die Ausschreibung von Leistungen waren die Bieter gefordert, drei Referenzen vorzulegen, die hinsichtlich der ausgeschriebenen Menge vergleichbare Leistungen belegen sollten. Ein Bieter hatte nach Ablauf der Angebotsfrist eine Referenz vorgelegt, die weit weniger als 10% des geforderten Volumens auswies. Die Vergabestelle erachtet die Referenz als nicht ausreichend und hatte bei diesem Bieter dann - nach einer entsprechenden Rüge - eine "bessere" Referenz unter Bezugnahme auf § 19 EG Abs. 2 Satz 1 VOL/A 2009 nachgefordert. Ein Mitarbeiter ruft die Vergabekammer an.

 

Nach Auffassung der Vergabekammer war die Nachforderung einer "besseren" Referenz vergaberechtswidrig. Als Rechtsgrundlage für die Heranziehung der "nachgeforderten" Referenz kommt § 19 EG Abs. 2 Satz 1 VOL/A 2009 nicht in Betracht, da der Anwendungsbereich der Vorschrift nicht eröffnet ist. Denn § 19 EG Abs. 2 Satz 1 VOL/A 2009 (gegebenenfalls i.V.m. § 7 EG Abs. 12 VOL/A 2009) ist nur dann anwendbar, wenn geforderte Erklärungen oder Nachweise bis zum Ablauf der Angebotsfrist "nicht vorgelegt" wurden, also physisch nicht vorhanden oder unvollständig waren oder sonst nicht den formalen Vorgaben des öffentlichen Auftraggebers entsprachen. Bei der Nachforderung einer "materiell besseren Referenz" ist dies jedoch nicht der Fall. Eine andere Vorgehensweise käme einer inhaltlichen Nachbesserung eines bereits eingereichten Angebots gleich. § 7 EG Abs. 13 VOL/A 2009 spricht nur von einer "Vervollständigung" oder "Erläuterung" der bereits vorgelegten Eignungsnachweise.

 

Der Auffassung der Vergabekammer ist zuzustimmen. Dem Wortlaut der Regelungen entsprechend bezieht sich das Nachforderungsrecht der Vergabekammer ausschließlich auf Unterlagen, die "nicht vorgelegt wurden". Auch die nach der Neufassung der VOL/A geschaffene Nachforderungsmöglichkeit darf nicht dazu führen, dass Bieter nach Ablauf der Angebotsfrist und nach einem Hinweis der Vergabestelle eine Nachbesserungsmöglichkeit in materieller Hinsicht im Hinblick auf ihr Angebot erhalten (vgl. VOL/A 2009 § 18 EG Satz 2). Andernfalls könnten Bieter auch nach Ablauf der Angebotsfrist bei der Vergabestelle beanspruchen, dass diese die Bieter auffordert, die schlecht bewerteten Unterlagen durch bessere zu ersetzen. Dies widerspräche dem Grundgedanken von § 7 EG Abs. 13, § 18 EG Satz 1 VOL/A 2009. Vergabestellen sind gut beraten, wenn sie die Nachforderungsmöglichkeit des § 19 EG Abs. 2 Satz 1 VOL/A 2009 nicht überdehnen. Die am Wortlaut orientierte Auslegung der Vorschrift zeigt, dass die Nachforderungsmöglichkeit ausschließlich das "bloße Vergessen" einer Unterlage betrifft. Bieter werden keine "Nachbesserungsrechte" für sich in Anspruch nehmen können.