Preis als einziges Zuschlagskriterium: BGH klärt Zulässigkeit von Nebenangeboten.

19.03.2012

Zu: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.11.2011 - Verg 22/11

 

Die Vergabestelle schreibt nach VOL/A Briefdienstleistungen im Offenen Verfahren aus. Alleiniges Zuschlagskriterium ist der Preis. Nebenangebote sind zugelassen. Ein Bieter soll den Zuschlag erhalten, weil Haupt- und Nebenangebot jeweils preislich günstiger als bei der mitbietenden Konkurrenz sind. Dieser Sachverhalt erreicht das OLG Düsseldorf, das als Beschwerdegericht erneut über die Zulässigkeit von Nebenangeboten entscheidet.

 

Das OLG Düsseldorf bekräftigt seine bisherige Rechtsprechung, wonach Nebenangebote nicht zulässig sind, wenn der Preis das alleinige Zuschlagskriterium darstellt. Da mittlerweile aber das OLG Schleswig sich dezidiert für das Gegenteil ausgesprochen hat, nämlich die Zulässigkeit auch in einem solchen Fall (Beschluss vom 15.04.2011 - 1 Verg 10/10), ruft das OLG Düsseldorf nunmehr den BGH im Wege der Divergenzvorlage an. Das OLG Düsseldorf stützt seine Ansicht auf Art. 24 Abs. 1 Richtlinie 2004/18/EG, dessen Wortlaut die Unzulässigkeit in der Tat nahelegt. Nur wenn die Vergabestelle, so das OLG Düsseldorf, die weitere nach Art. 53 Abs. 1 Richtlinie 2004/18/EG vorgesehene Alternative wählt, den Zuschlag nicht nur nach dem Preis, sondern nach dem wirtschaftlich günstigsten Angebot unter Berücksichtigung weiterer Zuschlagskriterien zu vergeben, sind Nebenangebote zulässig. Das OLG Schleswig liest die Richtlinie 2004/18/EG systematisch anders. Es argumentiert, dass sich die Frage der Zulassung eines Nebenangebots bei der gestuften Angebotsprüfung des Vergaberechts schon deutlich vor der eigentlichen Zuschlags-Wertung entscheidet und daher auch die Zulässigkeit von Nebenangeboten nicht von der Wahl der Zuschlagskriterien abhängt.

 

Selbst wenn der BGH rasch entscheidet: Wegen der europarechtlichen Relevanz (Richtlinienauslegung und -umsetzung) dürfte auf kurz oder lang nur der EuGH eine abschließende Klärung bewirken können. In Fortführung seiner Entscheidung vom 07.10.2004 (Rs. C-249/02) käme dann die deutsche Umsetzung insbesondere von Art. 53 Richtlinie 2004/18/EG auf den Prüfstand. Empfindlich ist die vom OLG Düsseldorf verhängte Sanktion: Die Vergabestelle kann nicht etwa die unzulässigen Nebenangebote außen vor lassen und die Hauptangebote werten. Vielmehr verordnet das Gericht die Zurückversetzung der Ausschreibung mindestens in den Stand vor Aufforderung zur Angebotsabgabe. Grund: Die Bieter könnten ihre Hauptangebote anders kalkulieren wollen, wenn sie wüssten, es können keine Nebenangebote abgegeben werden. Dies wird noch für einige Unruhe sorgen.