BauFordSiG: Flucht in die Insolvenz: Wann entfällt der Schadensersatzanspruch?

19.03.2012

Zu: OLG Brandenburg, Urteil vom 16.11.2011 - 4 U 202/10 (nicht rechtskräftig)

 

Ein Generalunternehmer errichtet ein Seniorenheim schlüsselfertig. Er beauftragt den Nachunternehmer unter anderem mit den Fassaden- und Glasarbeiten. Der Nachunternehmer stellt im April 2009 zwei nicht prüfbare Abschlagsrechnungen. Sie werden nicht bezahlt. Am 30.04.2009 kündigt der Generalunternehmer wegen Leistungsverzugs. Am 10.08.2009 stellt der Generalunternehmer Insolvenzantrag, dem am 01.11.2009 entsprochen wird. Am 15.08.2009 geht dem Generalunternehmer die Schlussrechnung des Nahcunternehmers zu. Der Generalunternehmer hatte Baugeld empfangen, dessen Höhe die im Prozess nachgewiesene Werklohnforderung des Nachunternehmers übersteigt. Eine ordnungsgemäße Verwendung des Baugeldes konnte von ihm nicht nachgewiesen werden. Der Nachunternehmer nimmt deshalb den Geschäftsführer des Generalunternehmers auf Schadensersatz nach § 1 BauFordSiG i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB in Anspruch.

 

Ohne Erfolg. Unabhängig davon, dass die Abschlagsrechnungen nicht fällig gewesen seien, hätten sie mit Schlussrechnungsreife nicht mehr geltend gemacht werden können. Auf die Schlussrechnung könne sich der Nachunternehmer nicht stützen, weil sie erst am 15.10.2009 fällig geworden ist und ein vorfälliger Ausgleich eine insolvenzrechtliche Anfechtbarkeit wegen inkongruenter Leistung nach sich gezogen hätte. Damit fehle es an der haftungsbegründenden Kausalität zwischen Baugeldveruntreuung und Schaden.

 

Die Entscheidung mag fallbezogen richtig sein. Allerdings sind einige fallübergreifende Ausführungen des OLG kritisch zu würdigen. Die Schlussrechnungsreife hindert zwar die prozessuale Durchsetzung von Abschlagsforderungen (BGH, IBR 2009, 636). Das ändert aber nichts daran, dass vorher fällig gewordene Abschlagsrechnungen aus dem Baugeld zu befriedigen sind. Richtig ist ferner, dass der Schadensersatzanspruch nur auf den Ausfall fälliger Forderungen gestützt werden kann. Dabei reicht es aber aus, wenn im Zeitpunkt der Fälligkeit die Befriedigung der Bauforderung bei rechtmäßigem Verhalten noch möglich gewesen wäre. Für seine Ausführungen zur fehlenden Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden wegen der Anfechtbarkeit einer vorfälligen Zahlung stehen dem OLG Brandenburg unter anderem das OLG Hamm und das LG Berlin zur Seite. Kein Streit besteht darüber, dass das Insolvenzrecht dem BauFordSiG insoweit vorgeht, als der Insolvenzverwalter der Verwendungspflicht nicht unterliegt. Richtig wird auch sein, dass eine vorfällige Zahlung auf die Bauforderung eine inkongruente und damit nach § 131 InsO anfechtbare Deckung darstellt. Demgegenüber sind Zahlungen auf fällige Forderungen kongruent und unterliegen allenfalls der Anfechtung nach § 130 InsO.