Zwei Jahre Baustopp und technische Änderungen: Neuer Vertrag und neue Preise?

19.03.2012

Zu: KG, Beschluss vom 11.10.2011 - 7 U 69/11

 

Ein öffentlicher Auftraggeber beauftragt im Jahr 2001 den Bau von Spezialtüren für ein Museum. Bevor der Auftragnehmer mit der Fertigung beginnt, kommt es zu einer zweijährigen Bauunterbrechung. Nach Ende des Baustopps verlangt der Auftraggeber eine hinsichtlich aller Türen geänderte Ausführung. Der Auftragnehmer unterbreitet hierfür im Jahr 2003 ein Nachtragsangebot, welches neue Leistungen und neue Preise enthält. Der Auftragnehmer führt die geänderten Leistungen aus, eine Preisvereinbarung kommt nur teilweise zu Stande. Der Auftraggeber zahlt auf die Schlussrechnung teilweise nur den alten Preis. Mehr als zwei Jahre später klagt der Auftragnehmer den Differenzbetrag zwischen dem Auftragspreis 2001 und dem Angebotspreis 2003 ein. Der Auftraggeber beruft sich auf Verjährung, die noch nach dem alten Schuldrecht nach zwei Jahren eingetreten sei. Der Auftragnehmer meint, die Änderungen des Auftrags in technischer und zeitlicher Hinsicht seien so wesentlich, dass von einem neuen Vertrag mit aufgrund der Schuldrechtsmodernisierung dreijähriger Verjährungsfrist auszugehen sei.

 

Ohne Erfolg! Wie bereits das Landgericht weist auch das KG die Klage wegen Verjährung ab. Wird im Falle einer Gesetzesänderung der Vertrag nach dem Stichtag geändert, gilt für ihn grundsätzlich das bisherige Recht weiter. Wesentliche zeitliche oder sachliche Änderungen können es aber rechtfertigen, den geänderten Vertrag als Neuvertrag anzusehen oder einen stillschweigend auf die Geltung des neuen Rechts gerichteten Parteiwillen anzunehmen. Das KG stellt aber klar, dass es nicht allein auf den Umfang der zeitlichen oder inhaltlichen Änderung ankommt. Entscheidend ist vielmehr, ob die Parteien weiter von einem einheitlichen Vertrag ausgegangen sind, der im Laufe der Zeit abgeändert, aber zu keinem Zeitpunkt neu geschlossen wurde. Einen auf Vertragsaufhebung und Neuabschluss gerichteten übereinstimmenden Parteiwillen vermochten Landgericht und KG hier nicht festzustellen. Die Bezeichnung als Nachtrag und die Herleitung der Preise aus dem Ursprungsvertrag sprechen für das Gericht vielmehr dafür, dass die Parteien nur einen bestehenden Vertrag modifiziert haben.

 

Die Besonderheit liegt hier sicher darin, dass alle LV-Positionen technisch geändert und neu verpreist wurden. Die Entscheidung des KG ist gleichwohl richtig und liegt auf der Linie anderer Obergerichte. Bei langfristigen Bauvorhaben sind inhaltliche Änderungen und Erweiterungen eher die Regel als die Ausnahme. Auch wenn diese aus Sicht eines Vertragspartners gravierend sind, ist hier genau zu prüfen, ob diese Leistung noch in Fortsetzung eines bestehenden Vertrags erbracht wird oder als eigener neuer Auftrag zu werten ist. Andernfalls können böse Überraschungen drohen. Dies gilt nicht nur bei zwischenzeitlicher Änderung der Rechtslage (z. B. bezüglich der Verjährung von Vergütungsansprüchen nach der Schuldrechtsmodernisierung oder der Neufassung des § 648a BGB), sondern auch im Hinblick auf die Fortgeltung bestehender Vertragsbedingungen.