Trotz ständiger Geschäftsbeziehung: Mindestsatzunterschreitung unzulässig!

27.02.2012

 

Zu: BGH, Urteil vom 27.10.2011 - VII ZR 163/10

 

Ein Generalplaner beauftragt über ca. drei Jahre ein bulgarisches Ingenieurbüro, das auch einen Sitz in Deutschland unterhält, mit Leistungen der Tragwerksplanung zu 17 Bauvorhaben. Zumindest gewisse Vorarbeiten werden jeweils aus Bulgarien heraus erbracht. Das Ingenieurbüro hat zwar ein Angebot zum Abschluss eines Rahmenvertrags vorgelegt, die Beauftragungen erfolgen jedoch jeweils auf Grundlage eigens schriftlich geschlossener Pauschalpreisverträge. Im Jahr 2005 schließen die Parteien erneut einen solchen Vertrag. Der vereinbarte Pauschalpreis beträgt nur ca. 77% des Mindestsatzhonorars nach der HOAI a.F. Das Ingenieurbüro verlangt nunmehr die Differenz zu den Mindestsätzen in Höhe von rund 21.000 Euro. Das OLG geht von einer zulässigen Mindestsatzunterschreitung aus und weist die Klage insoweit ab.

 

Der BGH nicht, weshalb er das Urteil aufhebt und den Rechtsstreit zurückverweist. Ausgangspunkt der Prüfung müsse das Senatsurteil vom 22.05.1997 sein. Ein Ausnahmefall nach § 4 Abs. 2 HOAI a.F. (HOAI n.F. § 7 Abs. 3) liege trotz der 17-fachen Beauftragung nicht vor, da die Initiative zur jeweiligen Mindestsatzunterschreitung vom Ingenieurbüro ausgegangen sein dürfte. Auch und gerade der (auch wiederkehrend) als Nachunternehmer tätige Planer müsse durch das verbindliche Preisrecht vor ruinösem Preiswettbewerb geschützt werden. Mangels abgeschlossenen Rahmenvertrags könne dessen Relevanz für einen Ausnahmefall offenbleiben. Dass das Ingenieurbüro 20% seines Jahresumsatzes mit dem Generalplaner erwirtschafte, führe nicht zur Annahme einer besonders engen wirtschaftlichen Beziehung. Schließlich rechtfertige auch eine in Teilbereichen günstige Kostenstruktur des Ingenieurbüros (hier durch Erbringung von Teilleistungen in Bulgarien) grundsätzlich nicht die Unterschreitung der Mindestsätze.

 

Für den mit § 4 Abs. 2 HOAI a.F. wortgleichen § 7 Abs. 3 HOAI n.F. wird in der Verordnungsbegründung der Rahmenvertrag ausdrücklich als Ausnahmetatbestand erwähnt. Der BGH deutet an, dass ein solcher Vertrag dem Planer als Kompensation für die Mindestsatzunterschreitung "sonstige Vorteile" bringen müsse. Dies dürfte allenfalls bei einem erheblichen verbindlichen (Mindest-)Auftragsvolumen anzunehmen sein. Andernfalls setze sich der Ingenieur, so der BGH, in gesteigertem Maße der Gefahr unauskömmlicher Honorierung aus, was die nach dem Verordnungszweck (vgl. BVerfG) zu unterbindende Gefahr minderwertiger Leistung begründe.