Genehmigungsplanung nach Akquisition?

01.01.2012

Genehmigungsplanung nach Akquisition?

Zu: OLG Celle, Urteil vom 26.10.2011 - 14 U 54/11

Das Erbringen von Architektenleistungen bis hin zur Leistungsphase 4 des § 15 HOAI a.F. kann im Einzelfall als unentgeltliche Akquise einzustufen sein, wenn sich ein entsprechender Parteiwille aus den besonderen Umständen des Einzelfalls ergibt. Im Ausnahmefall kann die isolierte entgeltliche Beauftragung des Architekten mit den Arbeiten aus Leistungsphase 4 nach § 15 HOAI a.F. in Betracht kommen, obwohl die Leistungen aus den Phasen 1 - 3 ebenfalls erbracht und regelmäßig als notwendige Vorarbeiten für die Beantragung der Baugenehmigung einzustufen sind.

Ein Architekt verlangt Honorar für die Leistungsphasen 1 - 4 des § 15 Abs. 2 HOAI a.F. Die Parteien hatten eine Vereinbarung geschlossen, in der es heißt: "Für den Fall, dass wir dieses Objekt zur Durchführung bringen, d. h. Abschluss des notariellen Kaufvertrags und Abschluss der benötigten Mietverträge, werden wir Herrn Dipl.-Ing. F. M. beauftragen, die entsprechenden Baugenehmigungen zu beantragen sowie mit der Betreuung des Bauvorhabens nach HOAI 1 bis 9. ... Zu gegebener Zeit wird ein Architektenvertrag abgeschlossen. Die zwischen dem Architekten und dem Bauherrn abgestimmten Vorplanungsarbeiten werden als Serviceleistungen kostenfrei vom Architekten erstellt." Zum Abschluss des Architektenvertrags kam es nicht; der Bauherr beauftragte den Architekten jedoch, einen Bauantrag zu erstellen.

Die Klage hat nur zum Teil Erfolg. Der Abschluss eines Architektenvertrags setzt darauf bezogene, übereinstimmende Willenserklärungen voraus, wobei der Vertragsschluss auch konkludent erfolgen oder durch die Entgegennahme bestimmter Leistungen in Betracht kommen kann. Hingegen kann aus der Tatsache, dass Planungsleistungen erbracht worden und entgegengenommen worden sind, der Architekt nicht ohne Weiteres Honoraransprüche herleiten. Leistungen bis hin zur Leistungsphase 4 (Genehmigungsplanung) können noch in den Bereich der nicht vergütungspflichtigen Akquise fallen (OLG Hamm, IBR 2009, 278). Die Vereinbarung der Parteien stellt noch keine Beauftragung des Architekten dar. Im Gegenteil ergibt sich aus ihr der übereinstimmende Wille der Parteien, dass der Architekt bis zu einer Beauftragung auf eigenes Risiko im Bereich der kostenlosen Akquise tätig ist. Mit dem Auftrag, den Bauantrag für das beabsichtigte Bauvorhaben zu stellen, hatte der Bauherr nicht den Willen auf Abschluss eines Vertrags verbunden. Beiden Parteien war klar, dass es zur Verwirklichung des Bauvorhabens der erforderlichen Finanzierungsgrundlagen bedurfte, die wiederum neben dem Erwerb des Grundstücks den Abschluss entsprechender Mietverträge erforderte. Der Bauherr hatte zwar den bedingten Kaufvertrag über das Grundstück geschlossen, jedoch lediglich einen Mietvertrag mit dem Ankermieter für das Erdgeschoss, nicht hingegen Mietverträge für das Obergeschoss. Um das Projekt durchführen zu können, bedurfte es aber nach der Regelung im Grundstückskaufvertrag der Einreichung eines Baugesuchs in bescheidungsfähiger Form. Wenn der Architekt mithin an den Vorarbeiten zur Einreichung des Bauantrags mitwirkte, war ihm bewusst, dass er das zu einem Zeitpunkt tat, zu dem die tatsächliche Umsetzung des gesamten Bauvorhabens noch "in den Sternen stand".

Der Bauherr ist jedoch verpflichtet, dem Architekten die unstreitig erbrachten Leistungen der Leistungsphase 4 nach § 15 HOAI zu vergüten. Auch wenn eine vorherige Beauftragung mit den Leistungsphasen 1 - 3 nicht festgestellt werden kann, liegt in dem ausdrücklichen Auftrag, die Baugenehmigung für das geplante Bauvorhaben zu beantragen, und der Entgegennahme und Verwertung dieser Leistungen ein Vertragsschluss über diese Leistungen.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Jochen Zweschper, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Quelle: ibr-online-Newsletter 20/2011