Begrenzung des Schadenersatzes wegen Unverhältnismäßigkeit?

01.01.2012

Begrenzung des Schadenersatzes wegen Unverhältnismäßigkeit?

Zu: OLG Karlsruhe, Urteil vom 27.09.2011 - 8 U 97/09

Es stellt einen Planungsfehler dar, den Einbau eines anderen als des geplanten Baumaterials (hier: Ziegel mit einer Rohdichteklasse von 0,9 anstatt 1,4) anzuordnen bzw. zu tolerieren. Ein solcher Planungsfehler berechtigt den Auftraggeber, Schadensersatz in Höhe des mit dem Austausch des mangelhaften Baumaterials verbundenen Aufwands zu verlangen. Diesem kann nicht entgegengehalten werden, der Aufwand für den Austausch sei unverhältnismäßig, denn diese Einrede besteht nur gegenüber einem Anspruch auf Nachbesserung. Die eine Unverhältnismäßigkeit begründenden Gesichtspunkte sind allerdings im Rahmen der entsprechenden Anwendung des § 251 Abs. 2 BGB zu berücksichtigen.

Der Bauherr ließ ein Bestandsgebäude aufstocken. Das vom Planer/Überwacher zur Vergabe der Rohbauarbeiten für den Bauherrn erstellte Leistungsverzeichnis sah die Ausführung von Ziegeln HLZ 12/1,4 (Festigkeitsklasse 12 und Rohdichte 1,4) vor. Solche wurden zwar angeboten, jedoch baute der Bauunternehmer nach Abstimmung mit dem Planer/Überwacher, nicht aber mit dem Bauherrn, Ziegel mit einer Rohdichte von 0,9 ein, was sich nachteilig auf den Wärme- und Schallschutz auswirkte. Am Mauerwerk traten kurze Zeit nach Errichtung Ausschwemmungen und Absprengungen auf. Der Bauherr riss die Ziegelmauern ab, baute sie neu auf und verlangt nun Schadensersatz in Höhe der insofern angefallenen Kosten von dem Planer/Überwacher; der habe die eingesetzten Baustoffe vor deren Einbau zumindest stichprobenhaft prüfen müssen. Der Wert der Rohdichte ist nämlich mit der Kennung in die Steine eingeprägt. Der Planer/Überwacher bestreitet eine solche Prüfpflicht und behauptet, der Bauherr könne jedenfalls nicht die Kosten für den Abriss und die Neuerrichtung der Mauern verlangen, erstattungsfähig seien lediglich die Kosten für die nachträglich nun notwendigen Schall- und Wärmeschutzmaßnahmen.

Das OLG Karlsruhe gab dem Bauherrn recht. Jedenfalls die Tolerierung des Einbaus anderen Materials stelle eine pflichtwidrige Abweichung vom mit dem Bauherrn vereinbarten Leistungssoll und daher einen Planungsfehler dar. Es komme nicht darauf an, ob die Rohdichte vor dem Einbau der Steine hätte geprüft werden müssen. Zu ersetzen sei der erforderliche Mängelbeseitigungsaufwand. Unverhältnismäßigkeit könne ausnahmsweise eingewandt werden, wenn es für den Bauunternehmer unzumutbar wäre, die Aufwendungen zur Herstellung der Mangelfreiheit in vollem Umfang zu tragen. Das sei gemäß § 251 Abs. 2 BGB analog auch beim gegen den Planer/Überwacher geltend gemachten Anspruch zu berücksichtigen. Der Bauunternehmer dürfe hier unter Berücksichtigung der falschen Rohdichte die Nachbesserung durch Austausch der Steine aber gerade nicht verweigern. Denn habe der Bauherr objektiv ein berechtigtes Interesse an einer ordnungsgemäßen Erfüllung, könne ihm regelmäßig nicht wegen hoher Kosten die Nachbesserung verweigert werden. Bei der insofern vorzunehmenden Abwägung seien z. B. die Schwere des Vertragsverstoßes (hier: erheblich) und der Grad des Verschuldens (hier: Vorsatz) zu berücksichtigen.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Jochen Zweschper, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Quelle: ibr-online-Newsletter 19/2011