Kein Angebotsausschluss bei unklarer Vorgabe von Bieternachweisen

01.01.2012

Kein Angebotsausschluss bei unklarer Vorgabe von Bieternachweisen

Zu: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.08.2011 - Verg 30/11

Das aus § 9 EG Abs. 4 VOL/A 2009 folgende Gebot, klare und unmissverständliche Vorgaben über die verlangten Bieternachweise aufzustellen, ist bieterschützend. Wird dementsprechend für die Bieter keine abschließende Liste aufgestellt und bekannt gegeben, gelten Nachweise als nicht wirksam gefordert und ein Ausschluss von Angeboten darf wegen Fehlens geforderter Nachweise nicht erfolgen.

Die Vergabestelle schrieb Leistungen im Offenen Verfahren aus. Nicht nur in der Vergabebekanntmachung, sondern auch in den Vergabeunterlagen legte die Vergabestelle fest, welche Nachweise die Bieter zu erbringen haben. Eine abschließende Liste über die geforderten Nachweise war nicht beigefügt. Das Angebot der Antragstellerin wurde wegen unterbliebener Vorlage eines Nachweises in Form einer Vorlage von Teilleistungsverträgen von der Wertung ausgeschlossen. Der Zuschlag sollte auf das Angebot der Beigeladenen ergehen. Hiergegen brachte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag an, dem von der Vergabekammer nachgegeben wurde. Die Beigeladene legt sofortige Beschwerde ein.

Das OLG Düsseldorf entschied, dass das Angebot der Antragstellerin fehlerhaft von der Wertung ausgeschlossen worden ist. Die Vergabestelle hat, anders als dies in § 9 EG Abs. 4 VOL/A 2009 verlangt wird, keine klaren und unmissverständlichen Vorgaben zu den verlangten Nachweisen aufgestellt. Die aus dieser Norm folgende Vorgabe ist bieterschützend. Es sollen die Vorbereitung eines vollständigen Angebots erleichtert und Fehlinterpretationen durch Bieter und unnötige Angebotsausschlüsse vermieden werden. Unzureichend ist, dass sich die Nachweise aus dem Zusammenhang der Vergabeunterlagen ergeben. Selbst wenn dies der Fall ist, müssen die Nachweise nochmals gesondert in einer zusammenfassenden Liste aufgeführt werden. Diese ist spätestens mit den Vergabeunterlagen bekannt zu geben. Kommt die Vergabestelle dem nicht nach, ist die Rechtsfolge und damit einhergehende vergaberechtliche Sanktion für sie gravierend: Nachweise sind in diesem Fall nicht als wirksam vom öffentlichen Auftraggeber gefordert anzusehen, Bieter haben aus der Bekanntmachung und/oder den Vergabeunterlagen hervorgehende Nachweise nicht vorzulegen und Angebote von Bietern dürfen nicht wegen Fehlens geforderter Nachweise von der Wertung ausgenommen werden. Auch das Angebot der Antragstellerin hätte daher nicht ausgeschlossen werden dürfen. Der Vergabestelle ist somit der Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen untersagt, bevor nicht eine erneute Angebotswertung unter Einbeziehung des Angebots der Antragstellerin stattgefunden hat.

Der Beschluss des OLG Düsseldorf macht deutlich, dass Vergabestellen die seit mittlerweile über einem Jahr geltende Vorgabe des § 9 EG Abs. 4 VOL/A 2009 ernst nehmen sollten. Bietern muss ein verlässlicher Überblick in Form einer "Checkliste" angeboten werden, an der sie sich abschließend, gleichsam eines "Abhakens", orientieren können. Eine Nachforderung von Nachweisen durch den Auftraggeber gemäß § 19 EG Abs. 2 Satz 1 VOL/A 2009 ist in dieser Fallkonstellation nicht möglich. Dies würde voraussetzen, dass eine Vorlage von Nachweisen überhaupt wirksam gefordert wurde. Bei einem Verstoß gegen § 9 EG Abs. 4 VOL/A 2009 ist dies jedoch gerade nicht der Fall.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Jochen Zweschper, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Quelle: ibr-online-Newsletter 14/2011