Privater Betreiber einer Photovoltaikanlage kann zu Vorsteuerabzug berechtigt sein

01.01.2012

Privater Betreiber einer Photovoltaikanlage kann zu Vorsteuerabzug berechtigt sein

Zu: BFH, Urteil vom 19.07.2011 - XI R 29/09; XI R 21/10; XI R 29/10.

Ein privater Betreiber einer Photovoltaikanlage, der den erzeugten Strom kontinuierlich an einen Energieversorger veräußert, ist umsatzsteuerrechtlich Unternehmer. Dies geht aus drei Urteilen des Bundesfinanzhofs vom 19.07.2011 zu Voraussetzungen und Umfang eines Vorsteuerabzugs bei Installation einer Solarstromanlage hervor. Nach den jetzt veröffentlichten Entscheidungen ist der Anlagenbetreiber grundsätzlich zum Abzug der ihm in Rechnung gestellten Umsatzsteuer aus Aufwendungen berechtigt, die mit seinen Umsätzen aus den Stromlieferungen in direktem und unmittelbarem Zusammenhang stehen (Az.: XI R 29/09, XI R 21/10 und XI R 29/10).

Im einem der drei Verfahren (Az.: XI R 29/09) installierte ein privater Stromerzeuger eine Photovoltaikanlage auf dem Dach eines anderweitig nicht genutzten leerstehenden Schuppens. In diesem Fall kann der Stromerzeuger nach Auffassung des BFH den Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten des Schuppens nur teilweise beanspruchen, nämlich nur insoweit, als er das gesamte Gebäude für die Stromlieferungen unternehmerisch nutzt. Voraussetzung sei allerdings, dass diese unternehmerische Nutzung des Schuppens mindestens zehn Prozent der Gesamtnutzung betrage. Denn nach dem Umsatzsteuergesetz gelte die Lieferung eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als zehn Prozent für sein Unternehmen nutzt (sogenannte unternehmerische Mindestnutzung), als nicht für das Unternehmen ausgeführt.

In einem weiteren Verfahren (Az.: XI R 21/10) installierte ein privater Stromerzeuger eine Anlage auf dem Dach eines Carports, den er zum Unterstellen eines privat genutzten Autos verwendete. In diesem Fall könne der Stromerzeuger den Carport insgesamt seinem Stromerzeugungs-Unternehmen zuordnen, entschied jetzt der BFH. Er sei nach damaliger Rechtslage in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten des Carports berechtigt gewesen ? falls die unternehmerische Nutzung des gesamten Carports mindestens zehn Prozent betragen habe. Die private Verwendung des Carports müsste als sogenannte unentgeltliche Wertabgabe aber versteuert werden. Nach der am 01.01.2011 in Kraft getretenen Änderung des Umsatzsteuergesetzes sei der Vorsteuerabzug in derartigen Fällen jetzt allerdings nur noch teilweise möglich, so der BFH.

Im dritten Fall (Az.: XI R 29/10) ließ ein privater Stromerzeuger das Dach einer schon vorhandenen, anderweitig nicht genutzten leerstehenden Scheune neu eindecken und installierte sodann eine Photovoltaikanlage auf dem Dach. In diesem Verfahren kann der Stromerzeuger den Vorsteuerabzug nach Ansicht des BFH aus den Aufwendungen für die Neueindeckung des Daches nur teilweise beanspruchen, nämlich nur insoweit, als er das gesamte Gebäude für die Stromlieferungen unternehmerisch nutzt. Hier gelte die Zehn-Prozent-Grenze nicht, weil es nicht um Herstellungskosten eines gelieferten Gegenstands gehe, sondern um Erhaltungsaufwendungen in Form von Dienstleistungen.

Den unternehmerischen Nutzungsanteil an dem jeweiligen Gebäude habe der Unternehmer im Wege einer sachgerechten und von der Finanzverwaltung zu überprüfenden Schätzung zu ermitteln, stellt der BFH in seinen Entscheidungen klar. Dabei komme beispielsweise ein Umsatzschlüssel in Betracht, bei dem ein fiktiver Vermietungsumsatz für den nichtunternehmerisch beziehungsweise privat genutzten inneren Teil des Gebäudes einem fiktiven Umsatz für die Vermietung der Dachfläche an einen Dritten zum Betrieb einer Solarstromanlage gegenübergestellt werde. Der BFH verwies alle drei Verfahren an die Finanzgerichte zurück, damit diese den jeweiligen unternehmerischen Nutzungsanteil ermitteln.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Dr. Alfred Stapelfeldt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht

Quelle: beck-aktuell-Redaktion, Verlag C.H. Beck, 9. November 2011.