VGH Mannheim: BUND erreicht vorläufigen Stopp von Arbeiten an «Stuttgart 21»

01.01.2012

VGH Mannheim: BUND erreicht vorläufigen Stopp von Arbeiten an «Stuttgart 21»

Zu: VGH Mannheim, Beschluss vom 06.10.2011 - 5 S 2101/11.

Der Umweltverband BUND hat im Zusammenhang mit dem Projekt «Stuttgart 21» erreicht, dass die Zentralisierung der Wasseraufbereitungsanlagen östlich des bestehenden Stuttgarter Bahnhofsgebäudes vorerst nicht weitergeführt werden darf. Das gilt zumindest insofern, als sie der Umsetzung der fünften Änderung des Planfeststellungsbeschlusses vom 28.01.2005 zum Umbau des Bahnknotens Stuttgart dienen. Wie der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim feststellt, hat die Anfechtungsklage des BUND vom Juli 2011 gegen die betreffende Planänderung aufschiebende Wirkung.

Die DB Netz AG ist Vorhabenträgerin für den durch Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005 planfestgestellten Umbau des Bahnknotens Stuttgart («Projekt Stuttgart 21») im Planfeststellungsabschnitt 1.1 (Talquerung mit neuem Hauptbahnhof). Der bestandskräftige Planfeststellungsbeschluss enthält unter anderem die erforderliche wasserrechtliche Genehmigung für den Bau und den Betrieb von Abwasserbehandlungsanlagen zur Abreinigung des während der Baumaßnahmen entnommenen Grundwassers. Der bestandskräftige Planfeststellungsbeschluss sah zunächst den Bau von drei einzelnen Infiltrationswasseraufbereitungsanlagen und einer Überschusswasseraufbereitungsanlage an insgesamt vier Standorten in der Nähe des bestehenden Hauptbahnhofsgebäudes vor.

Im Zuge der Erstellung der Ausführungsunterlagen optimierte die Vorhabenträgerin ihre Planungen, unter anderem zum Bau der Wasseraufbereitungsanlagen. Die geänderte Planung sieht nunmehr vor, die bislang vorgesehenen vier dezentralen Wasseraufbereitungsanlagen an einem zentralen Standort im Bereich des derzeitigen Omnibusbahnhofs östlich des Hauptbahnhofsgebäudes zu bündeln. Am 11.12.2009 beantragte die Vorhabenträgerin beim Eisenbahn-Bundesamt eine entsprechende Änderung des festgestellten Plans. Dieses führte ein vereinfachtes Planfeststellungsverfahren (ohne Anhörungsverfahren) durch und genehmigte die beantragte Änderung.

Am 22.07.2011 hat der BUND gegen den Planänderungsbescheid Anfechtungsklage erhoben und unter Hinweis auf die ständig fortschreitenden Bauarbeiten zugleich um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht. Das Eisenbahnbundesamt und die beigeladene Vorhabenträgerin haben zwar nicht bestritten, dass der erhobenen Anfechtungsklage im Grundsatz aufschiebende Wirkung zukommt. Sie sind aber der Meinung, dass hiervon nur die Erstellung des Technikgebäudes für die zentrale Wasseraufbereitung erfasst sei. Diese Arbeiten seien vor Klageerhebung bereits abgeschlossen gewesen. Die noch ausstehenden Rohrverlegungsarbeiten würden von der aufschiebenden Wirkung hingegen nicht erfasst.

Dem ist der VGH nicht gefolgt. Der angefochtene Bescheid zur fünften Planänderung regele den Ersatz der ursprünglich planfestgestellten Wasseraufbereitungsanlage durch eine zentralisierte Wasseraufbereitungsanlage. Dieser «Ersatz» beziehe sich auf den Bau der neuen Anlage und deren Betrieb in der neuen, geänderten Form. Hierzu gehörten notwendigerweise auch die Rohrleitungen, welche für den Betrieb der geänderten Anlage aus technischen Gründen erforderlich seien, sowie die entsprechend geänderten Infiltrationsbrunnen und Grundwassermessstellen.

Für die Frage des Umfangs der aufschiebenden Wirkung der Klage komme es nicht entscheidend darauf an, dass es sich bei dem Wasseraufbereitungssystem insgesamt um eine «Baubehelfsmaßnahme» handele, welche nur vorübergehend ? während der Bauphase ? erforderlich sei. Denn die Frage des bauzeitlichen Grundwassermanagementsystems sei sowohl im ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss als auch im Rahmen der fünften Planänderung als bewältigungsbedürftig angesehen worden, erläutert der VGH. Auch der Umstand, dass der Standort der Wasseraufbereitungsanlagen und die genaue Leitungsführung vom Planfeststellungsbeschluss und der fünften Planänderungsentscheidung als «ausführungstechnische Details» betrachtet würden, führe nicht dazu, dass solche Arbeiten unabhängig von der aufschiebenden Wirkung der Klage durchgeführt werden dürften.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Dr. Alfred Stapelfeldt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht

Quelle: beck-aktuell-Redaktion, Verlag C.H. Beck, 6. Oktober 2011.