Einziehung einer Stichstraße mit Erschließungsfunktion

01.01.2012

Einziehung einer Stichstraße mit Erschließungsfunktion

Zu: VGH München, Urteil vom 31.05.2011 - 8 B 10.1653

Der VGH München hat entschieden, dass ein Anlieger Anspruch auf einen angemessenen breiten Erschließungsweg hat.
Die Kläger sind Eigentümer eines Wohnhauses in der Gemeinde Gilching, das am Ende einer Stichstraße liegt und durch diese allein erschlossen wird. Die Straße wurde 1988 nach ihrer Herstellung in einer Breite von 3 m zur Ortsstraße gewidmet. Tatsächlich war die Straße jedoch von Anfang an nur 2,50 m breit, da einige Anlieger ihre Hecken und Zäune bis zu 50 cm tief in die gewidmete Straßenfläche hineinerrichtet hatten. Die Gemeinde wollte nun diese "überbaute" Straßenteilfläche einziehen mit der Begründung, dass sie niemals tatsächlich dem Verkehr zur Verfügung gestanden hätte.
Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab.
Dagegen hat der VGH München die gemeindliche Einziehungsverfügung aufgehoben.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes können die Kläger als Anlieger gegen die (Teil-) Einziehung vorgehen, da hierdurch möglicherweise die Zufahrt unzumutbar erschwert werde. Denn eine Einziehung sei straßenrechtlich u.a. dann möglich, wenn die Straße "jede Verkehrsbedeutung verloren habe". Für die Entscheidung sei jedoch ohne Bedeutung, dass die Teilfläche viele Jahre tatsächlich "widmungswidrig" genutzt worden sei. Eine einmal erfolgte Widmung könne nur nach einem förmlichen Verfahren wieder aufgehoben werden.

Zwar gebe es keine Vorschriften, welche die erforderlichen Straßenbreiten genau festlegen. Aus § 32 Abs. 1 der StVZO ergebe sich aber z.B., dass Pkw eine Breite von bis zu 2,50 m haben dürfen. Die Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen sehen bei Wohnanlagen sogar eine Mindestbreite von über 3 m vor. Auch die Benutzung durch Fahrzeuge der Feuerwehr, des Rettungsdienstes und der Ver- und Entsorgung sei zu berücksichtigen. Da keine außergewöhnlichen anderen Umstände für eine geringere Breite (als die gewidmeten 3 m) vorlägen, sei die Einziehung der Teilfläche hier rechtswidrig.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Joachim Krumb, Fachanwalt für Verwaltungsrecht

Quelle: Juris Newsletter vom 25.08.2011