Eilantrag gegen "Innovationsbereichsabgabe" zurückgewiesen

01.01.2012

Eilantrag gegen "Innovationsbereichsabgabe" zurückgewiesen

Zu: VG Bremen, Urteil vom 25.6.2010 - 2 V 185/10

Der Antrag einer Grundstückseigentümerin gegen ihre Heranziehung zu einer "Innovationsbereichsabgabe" wurde vom Verwaltungsgericht der Stadt Bremen mit Urteil vom 25.6.2010 abgelehnt. Die Abgabe, welche den als Innovationsbereich ausgewiesenen Straßenzug als Einzelhandels- und Dienstleistungsstandort entwickeln und stärken soll und zu diesem Zweck einen Verein als privatem Aufgabenträger zufließt, wurde vom VG Bremen als im Wesentlichen rechtmäßige Abgabe sui generis angesehen. Rechtliche Bedenken ergaben sich für das Gericht nur aufgrund der mangelnden Überprüfbarkeit der Einheitswerte anderer Grundstücke, da die Summe der Einheitswerte von maßgeblicher Bedeutung für die Ermittlung des Hebesatzes sei. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts überwog jedoch im Rechtsschutzverfahren das öffentliche Interesse an der Umsetzung der Maßnahmen.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines Grundstücks in dem betroffenen "Innovationsbereich". Zum Zwecke der Stärkung und Entwicklung des Bereichs als Einzelhandels- und Dienstleistungsstandort wird von allen Grundstückseigentümern des betroffenen Straßenzuges eine Abgabe erhoben. Die Abgabe kommt der Interessengemeinschaft "das Viertel e. V." als Aufgabenträger zu. Der Verein soll mit diesem finanziellen Mitteln die Attraktivität des Standorts verbessern. Im Rahmen dieser Aktion ist geplant, die Eingangsbereiche besser zu gestalten, die Eigentümer bei der Werbung für den Geschäftsstandort zu unterstützen, ein Internetportal aufzubauen, Festveranstaltungen durchzuführen, Graffiti zu entfernen und eine Geschäftsstelle für den Innovationsbereich zu betreiben. Die Antragstellerin wehrt sich gegen die Heranziehung zu dieser Abgabe und hat beantragt, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Abgabenbescheid anzuordnen.

Das Verwaltungsgericht Bremen hat den Eilantrag abgelehnt. Nach Auffassung des Gerichts ist die "Innovationsbereichsabgabe" im Wesentlichen rechtmäßig. Das Demokratieprinzip sei durch die Aufgabenerfüllung durch einen privaten Träger nicht verletzt. Auch der Gleichheitssatz sei nicht dadurch verletzt, dass der Ortsgesetzgeber für die Abgabe ausschließlich die Grundstückseigentümer heranziehe, da alle Grundstücke im Innovationsbereich nach den einschlägigen Bebauungsplänen gewerblich nutzbar seien und auch tatsächlich gewerblich genutzt würden. Im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative habe der Ortsgesetzgeber somit davon ausgehen können, dass der Wert dieser Grundstücke durch die beabsichtigte Stärkung des Innovationsbereichs erhalten oder erhöht wird.

Bei der "Innovationsbereichsabgabe" handele es sich um eine verfassungsrechtlich zulässige Abgabe sui generis. Die Erhebung der Abgabe diene nicht der Finanzierung staatlicher oder kommunaler Pflichtaufgaben, vielmehr wolle sie privates Engagement zur Stärkung lokaler Standorte nachhaltig unterstützen. Daher stünden bei Innovationsbereichen Eigeninitiative, Selbstorganisation und Selbstfinanzierung im Mittelpunkt. Aufgrund des Ideenreichtums, der Orts- und Sachnähe sowie der ehrenamtlichen Einsatzbereitschaft der privaten Initiativmitglieder werde eine administrativ handelnde Gemeinde kaum gleichwertige Ergebnisse erzielen können. Außerdem erführen die Akteure eine größere Akzeptanz, wenn sie aus dem vertrauten Stadtteilmilieu entstammten.

Das Gericht hat weder gegen die Bemessungsgrundlage, noch gegen die Abgabe in Bezug auf einen Verstoß gegen das europarechtliche Beihilfeverbot in Art. 107 Abs. 1 AEUV Bedenken. Härtegründe sieht es dagegen, soweit Teile von Gebäuden als Eigentumswohnungen genutzt würden. Auf Antrag des Eigentümers seien diese von der Erhebungsbehörde zu prüfen. Rechtliche Bedenken bestünden insofern, als es nicht möglich sei, die Richtigkeit der in das Rechenwerk eingestellten Einheitswerte anderer Grundstücke zu überprüfen. Die Einheitswerte seien für die Ermittlung des Hebesatzes von maßgebender Bedeutung. Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, sie dürfe die Einheitswerte wegen des Steuergeheimnisses nicht offen legen.

Die Klärung der Frage, ob die bisher fehlende Überprüfungsmöglichkeit zur Rechtswidrigkeit der Abgabenerhebung führen könnte, wurde vom Verwaltungsgericht Bremen nach Abwägung der Folgen dem bereits anhängigen Klageverfahren überlassen. Das von der Antragsgegnerin vertretener öffentliche Interesse und das Interesse des beigeladenen als Aufgabenträger überwiegen nach Ansicht des Gerichtes das Interesse der Antragstellerin, vorläufig von der Abgabe verschont zu bleiben. Die Belastung der Antragstellerin mit umgerechnet 76,15 Euro monatlich würde diese im Falle der Rechtswidrigkeit des Bescheides ersichtlich nicht in einem außer Verhältnis zu ihren wirtschaftlichen Möglichkeiten liegenden Maße beschweren. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs sieht das Verwaltungsgericht jedoch mit gravierenden Konsequenzen für die Umsetzung der Maßnahmen im Innovationsbereich verbunden.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Joachim Krumb, Fachanwalt für Verwaltungsrecht