Abwasserbeseitigungskonzept für Teile der Gemeinde Welver unrechtmäßig

01.01.2012

Abwasserbeseitigungskonzept für Teile der Gemeinde Welver unrechtmäßig

Zu: VG Arnsberg, Urteil vom 22.06.2010 - 8 K 201/09

Das Abwasserbeseitigungskonzept der Gemeinde Welver wurde nach Ansicht des VG Arnsberg für die Ortsteile Berwicke, Einecke, Klotingen und Stocklarn zu Recht von der Bezirksregierung Arnsberg beanstandet. Die von der Gemeinde gegen diese Beanstandung erhobene Klage wurde abgewiesen.

Das Abwasserbeseitigungskonzept der Gemeinde Welver sieht für die Ortsteile Berwicke, Einecke, Klotingen und Stocklarn eine dezentrale Beseitigung des Abwassers vor. Häusliches bzw. gewerbliches Schmutzwasser soll vorrangig durch geeignete Kleinkläranlagen, teilweise auch durch abflusslose Gruben, für ein oder mehrere Grundstücke entsorgt werden. Die uberwiegend auf privatem Grund vorgesehenen Kleinkläranlagen bzw. Gruben sollen öffentliche Abwasserbehandlungsanlagen darstellen. Zur Erfüllung ihrer Abwasserbeseitigungspflicht beabsichtigt die Gemeinde, sich des für diese Aufgabe gegründeten Abwasservereins Welver e.V. zu bedienen. Die Bezirksregierung beanstandete dieses Konzept einer dezentralen Abwasserbeseitigung, weil es nicht im Einklang mit der Kommunalabwasserverordnung stehe. Nach dieser Verordnung sind gemeindliche Gebiete mit bis zu 10.000 Einwohnerwerten bis zum 31.12.2005 mit einer Abwasserkanalisation auszustatten.
Das VG Arnsberg stützt die Rechtsauffassung der Bezirksregierung. Es führte aus, dass ein Abwasserbeseitigungskonzept nach seinem Sinn und Zweck die Grundlage für die - auch und gerade künftige - ordnungsgemäße Erfüllung der gemeindlichen Abwasserbeseitigungspflicht bilde und daher auch darlegen müsse, dass dies zukünftig gewährleistet sei. Das beanstandete Konzept werde dem nicht gerecht, da es zwar Konflikte zwischen den Nutzungsberechtigten der Grundstücke einerseits und der abwasserbeseitigungspflichtigen Gemeinde andererseits schaffe, aber keinerlei Aussagen dazu enthalte, wie eine ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung verwirklicht werden solle, falls Nutzungsberechtigte der Grundstücke entgegen getroffener oder zu treffender Vereinbarungen auf ihrem Grundstück die vorgesehenen Kleinkläranlagen überhaupt nicht oder nicht - wie die gesetzlichen Regelungen es erfordern - den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechend errichteten bzw. ertüchtigten. Weiterhin fehle dem Konzept, inwieweit und wann die Erteilung der für alle vorgesehenen Kleinkläranlagen wasserrechtlichen Erlaubnisse gewährleistet sei.

Die Verpflichtung zur Ausstattung von gemeindlichen Gebieten mit einer Abwasserkanalisation ungeachtet eines bestimmten Schwellenwertes sei auch mit europäischem Recht vereinbar. Zwar sehe die EU-Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser eine solche nur für Ortslagen mit mehr als 2000 Einwohnern vor, eine Verschärfung des gemeinschaftsrechtlich vorgegebenen Mindeststandards durch nationale Rechtsbestimmungen sei aber im Bereich des Umweltrechts nach den Vorschriften der europäischen Gründungsverträge zulässig. Die vier betreffenden Ortsteile seien aber auch Teil eines Gebiets im Sinne der Richtlinie, das mehr als 2000 Einwohner umfasse, selbst wenn diese zusammen nur etwa 860 Einwohner hätten. Angesichts des bestehenden Siedlungszusammenhangs sei der Zentralort Welver mit etwa 5500 Einwohnern einzubeziehen.

Das Abwasserkonzept der Gemeinde verstoße auch insofern gegen gesetzliche Vorschriften, als es vorsehe, dass das auf den privaten Grundstücken anfallende Schmutzwasser mittels eines Kanals zu auf öffentlichem Grund befindlichen und von der Gemeinde betriebenen abflusslosen Gruben zu leiten und von dort abfahren zu lassen. Dadurch würden diese Gruben allerdings im Rahmen der Abwasserbeseitigung selbst eingesetzt und stellten Abwasseranlagen im Sinne des Wasserrechts dar. Solche Anlagen unterlägen jedoch dem Erfordernis, den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen zu müssen. Der Einsatz abflussloser Gruben im Bereich der Abwasserbeseitigung entspreche indes diesen Regeln der Technik nicht.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Dr. Alfred Stapelfeldt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht