Zur Verjährung von Schadensersatzansprüchen im hängen gebliebenen Architektenvertrag

01.01.2012

Zur Verjährung von Schadensersatzansprüchen im hängen gebliebenen Architektenvertrag

Zu: OLG Stuttgart, Urteil vom 30.3.2010 - 10 U 87/09

Mängelansprüche aus einem hängen gebliebenen Architektenvertrag verjähren, wenn sie schon vor Abnahme geltend gemacht wurden, nicht vor dem Ablauf von fünf Jahren ab Vollendung der Leistungen oder Wirksamwerden der Kündigung. Auf die Person des kündigenden oder ein Vertretenmüssen des Architekten kommt es nicht an.

Durch die Neuregelung des Verjährungsrechts ist die Frage aufgetreten, ob Mängelansprüche vor bzw. ohne Abnahme der kurzen Verjährung von drei Jahren gemäß §§ 195,199 BGB oder der fünfjährigen Verjährung des Werkvertragsrechts gemäß § 634aBGB unterliegen. Oft ergibt sich bei Architekten- und Ingenieurverträgen die Situation, dass diese ohne Abnahme schlicht und einfach nicht weitergeführt werden, also "hängen bleiben". Im vorliegenden Fall erteilte ein Bauherr einem Architekten durch Vertrag die Vollarchitektur. Bei der Ausführung des Daches kam es zu gravierenden Schäden. Daraufhin erklärte der Bauherr die fristlose Kündigung. Zu einer Abnahme kam es nicht. Der Bauherr klagte am 25.11.2002 Schadenersatz wegen der Dachsanierung in Höhe von 153.000 Euro ein. Am 26.1.2007 erhob er eine weitere Klage auf Ersatz vom Mietschaden in Höhe von circa 33.000 Euro. Der Architekt wendet gegen diese zweite Klageverjährung ein, weil die Regelfrist von drei Jahren spätestens am 31.12.2005 abgelaufen sei.

Das OLG Stuttgart gab dem Kläger recht. Der Ablauf der Verjährung der Ansprüche des Bauherrn aus der mangelhaften Bauüberwachung war bis zu fünf Jahre nach der Kündigung des Architektenvertrags am 23.7.2002, also bis zum 23.7.2007, gehemmt. In der fristlosen Kündigung vom 23.7.2002 sieht das Oberlandesgericht keine endgültige Verweigerung der Abnahme, weil das Kündigungsschreiben sich nicht auf die Beteiligung des Architekten an der Beseitigung der von ihm zu verantwortenden Mängel bezog. Die werkvertragliche Sonderverjährung gemäß § 634a Abs 1 Nr. 2 BGB scheidet somit aus, da diese eine Abnahme voraussetzt. Somit verblieben nur die kurze Regelfrist gemäß §§ 195, 199 BGB. Somit wäre der Schadensersatzanspruch wegen Mietausfallschadens, Fälligkeit in 2002 vorausgesetzt, spätestens am 31.12.2005 verjährt. Nach Ansicht des OLG Stuttgart steht dies im Widerspruch zur Wertung des Gesetzgebers, wonach für Mängelansprüche grundsätzlich eine Verjährung von fünf Jahren ab Abnahme besteht. Daher sei eine entsprechende Anwendung des § 634a Abs. 1 BGB geboten, um eine Verjährung von Mängelansprüchen, die schon vor Abnahme geltend gemacht wurden, bei Architektenleistungen nicht vor dem Ablauf von fünf Jahren eintreten zu lassen. Mangels Abnahme knüpft die Ablaufhemmung der Verjährungsfrist nicht an § 634a Abs. 2 BGB an, sondern an der Vollendung des Werks oder dem Wirksamwerden einer Kündigung des Werkvertrags, wobei es nicht darauf ankommt, der die Kündigung ausgesprochen hat. Verjährung ist somit erst am 23.7.2007 eingetreten, die Klage war somit noch rechtzeitig erhoben.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Jochen Zweschper, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht