Festsetzung der Grunderwerbsteuer unter Berücksichtigung der Sanierungskosten kontaminierter Grundstücke

01.01.2012

Festsetzung der Grunderwerbsteuer unter Berücksichtigung der Sanierungskosten kontaminierter Grundstücke

Der Erwerb eines kontaminierten Grundstücks kann, ungeachtet seines gegenüber einem altlastenfreien beziehungsweise sanierten Grundstück geminderten Werts, unter Umständen erhebliche Forderungen des Finanzamts im Rahmen der Festsetzung der Grunderwerbsteuer nach sich ziehen.

Nach § 8 Grunderwerbssteuergesetz richtet sich die Grunderwerbsteuer nach dem Wert der Gegenleistung. Darunter versteht sich jede Leistung, welche der Erwerber als Entgelt für den Erwerb des Grundstücks gewährt oder die der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung des Grundstücks empfängt. Zur Bestimmung der Gegenleistung ist grundsätzlich die vertragliche Regelung maßgebend. Auch im Fall eines aufgrund vorhandener Altlasten beziehungsweise eines entsprechenden Verdachts geminderten Kaufpreises ist der vertraglich vereinbarte Kaufpreis regelmäßig Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer.

Anders kann es sich verhalten, wenn sich der Käufer im Vertrag zur Sanierung des Grundstücks verpflichtet, beispielsweise beim Erwerb eines Grundstücks von der öffentlichen Hand. In dieser Konstellation trifft den Käufer häufig eine böse Überraschung, da die Sanierungskosten Grunderwerbssteuerrechtlich als Gegenleistung anzusehen sein können. Als Gegenleistung im Sinne des § 8 Abs. 1 Grunderwerbsteuergesetz gelten nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 Grunderwerbsteuergesetz nicht nur der Kaufpreis, sondern auch die vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen. Hierzu zählt auch die Übernahme von Verpflichtung des Veräußerers durch den Erwerber im Zuge des Rechtserwerbs. Die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer kann sich somit erheblich erhöhen.

Die Frage, unter welchen Voraussetzungen die vom Käufer übernommene Sanierungsverpflichtung im Rahmen der Festsetzung der Grunderwerbsteuer zu berücksichtigen ist, barg bislang einige Rechtsunsicherheit. Einzelne Bundesländer machten zur Voraussetzung, dass sich die Verpflichtung des Verkäufers zur Sanierung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits "hinreichend konkret" abzeichnen müsse. Das Finanzgericht Münster entschied in diesem Zusammenhang, dass die Aufwendungen für die Altlastensanierung dann Bestandteil der Gegenleistung im Sinne der Grunderwerbsteuer sind, wenn der Erwerber eine hinreichend konkretisierte Verpflichtung des Veräußerers zur Altlastensanierung durch ausdrückliche vertragliche Vereinbarung übernimmt (Urteil vom 17.8.2006 - 8 K 2650/03). Allerdings wurden dadurch keine engen Grenzen, was die Einbeziehung der Kosten der Altlastensanierung in die Grunderwerbsteuer angeht, gesetzt. Nach Ansicht des Finanzgerichts Münster bestand eine hinreichend konkretisierte Verpflichtungen nicht bereits dann, wenn der Veräußerer von der zuständigen Umweltbehörde zu einem möglichen Sanierungsverpflichtung angehört beziehungsweise ihm eine Sanierungsverfügung angedroht worden war.

Der Bundesfinanzhof hatte sich im Jahr 2009 mit der Entscheidung des Finanzgerichts Münster im Revisionsverfahren befasst und entschieden, dass beim Erwerb eines mit Altlasten kontaminierten Grundstücks und gleichzeitig vertraglich eingegangener Sanierungsverpflichtung die Sanierungskosten nur dann als Gegenleistung im Sinne der Grunderwerbsteuer anzusehen sind, wenn an den Veräußerer bereits ein Sanierungsbescheid ergangen ist (Urteil vom 30.3.2009 - 2 R 62/09). Zwar könne grundsätzlich eine Gegenleistung für den Erwerb eines Grundstücks darin liegen, dass der Erwerber eine Sanierungspflicht des Grundstücksverkäufers übernehme. Eine öffentlich-rechtliche Sanierungsverpflichtung entstehe allerdings erst und ausschließlich dann, wenn sich die materielle, aus dem einschlägigen Bodenschutzrecht ergebende Sanierungsverantwortlichkeit durch Erlass einer formellen Sanierungsverfügung einzelfallbezogen konkretisiert habe. Das Merkmal der "hinreichend konkreten Verpflichtung", von welchen das Finanzgericht Münster ausgegangen war, sei dagegen zu unbestimmt.

Durch die Entscheidung des Bundesfinanzhofs wurde nunmehr Rechtssicherheit geschaffen. Künftig muss einen unter Einbeziehung der voraussichtlichen Sanierungskosten ergehenden Grunderwerbsteuerbescheid nur befürchten, wer ein Grundstück mit bestehender, durch Bescheid konkretisierter Sanierungsverpflichtung erwirbt. Potentiellen Käufern ist deshalb anzuraten, die voraussichtlichen Sanierungskosten in die Berechnung der Grunderwerbsteuer mit einzubeziehen.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Dr. Alfred Stapelfeldt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht.