Grundstückseigentümerin muss Dichtheit von Abwasserleitungen aufgrund PFT-Belastung nicht überprüfen lassen

01.01.2012

Grundstückseigentümerin muss Dichtheit von Abwasserleitungen aufgrund PFT-Belastung nicht überprüfen lassen.

Zu: VG Arnsberg, Urteil vom 10.05.2010 - 14 L 219/10

Das VG Arnsberg gab einer Antragstellerin in einem Eilverfahren Recht, von welcher die Stadtwerke Brilon verlangt hatten, die Dichtheit der Abwasserleitungen auf ihrem Grundstück aufgrund der PFT-Belastung prüfen zu lassen.

Die Klägerin war von den Stadtwerken aufgefordert worden, die Dichtheit der Abwasserleitungen auf ihrem Grundstück durch eine Bescheinigung eines Sachverständigen nachzuweisen beziehungsweise eine entsprechende Prüfung vorzunehmen. Ihr wurde außerdem ein Zwangsgeld von 500 Euro angedroht. Ursächlich dafür sind geologische Untersuchungen, welche ergaben, dass Wasser aus mit perfluorierten Tensiden (PFT) belasteten Feldern das installierte Drainagesystem unterströmt und in das Kanalnetz der Stadt Brilon gelangt.

Das Verwaltungsgericht Arnsberg hat dem Antrag stattgegeben, weshalb die Antragstellerin der Aufforderung vorläufig nicht nachkommen muss. Das Gericht hatte Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung. Ein Fall, in welchem die Gemeinden berechtigt sind, Dichtheitsprüfungen von Abwasseranlagen zu verlangen, sei hier nicht gegeben. Vorliegend gehe es nicht darum, Boden und Wasser vor Verschmutzungen durch Abwasser zu schützen, welches aus einer undichten Leitung austritt. Verhindert werden soll, das Schmutzwasser durch Wasserzufluss weitere Verschmutzungen erfährt. Hierauf seien die von den Stadtwerken herangezogenen Vorschriften nicht anzuwenden.

Weiterhin sei die Antragstellerin für die Gefahrenlage auch nicht verantwortlich. Die Gefahren seien unmittelbar durch das aufbringen von Chemikalien auf den landwirtschaftlichen Feldern herbeigeführt worden. Die Gefahr für die Kläranlage und für die Trinkwassergewinnungsanlagen gehe von diesen belasteten Flächen und nicht vom Grundstück der Klägerin aus. Die Antragstellerin sei für die Trinkwassergefährdung ebenso wenig verantwortlich wie der Betreiber der Kläranlage bei Scharfenberg, dem es nicht gelingt, mit den vorhandenen Mitteln die Chemikalien aus dem Wasser zu entfernen. Die Verpflichtung der Antragstellerin lasse sich auch nicht darauf stützen, dass es für die Allgemeinheit kostengünstiger ist, von den Grundstückseigentümern in Scharfenberg die vorzeitige Sanierung der Abwasserleitungen zu verlangen, als die Kläranlage mit den notwendigen Filtern nachzurüsten.

Die Sanierung der möglicherweise schadhaften Abwasserleitungen auf dem Grundstück der Antragstellerin und auf anderen Grundstücken in Scharfenberg sei auch nicht geeignet, die gefährdeten öffentlichen Interessen zu schützen. Auch wenn das Eindringen belasteten Wassers in die Kanalisation verhindert wird, würde sich das Wasser andere Wege suchen und letztlich in den Bächen auftreten, die unterhalb von Scharfenberg in die Möhne münden. Die von der Antragstellerin verlangte Maßnahme würde zwar die PFT-Werte in der Kläranlage reduzieren, die Gewässerqualität der Möhne jedoch nicht verbessern. Daher bestehe kein besonderes öffentliches Interesse daran, die die PFT-Belastung der Kläranlage dadurch zu reduzieren, dass das belastete Wasser nicht mehr durch die Anlage, sondern an ihr vorbei in öffentliche Gewässer fließe.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Dr. Alfred Stapelfeldt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht