Ein Baumangel alleine ist kein Indiz für ein Organisationsverschulden

01.01.2012

Ein Baumangel alleine ist kein Indiz für ein Organisationsverschulden

Zu: OLG Hamm, Urteil vom 29.1.2010 - 26 U 37/06

Das vorliegen eines Baumangels, der auch bei ordnungsgemäßer Bauüberwachung festgestellt worden wäre, da es selbst bei fehlerhafter Bauüberwachung eine Vielzahl von Fehlerquellen gibt, die nicht auf fehlerhafte Organisation der Bauüberwachung beruhen, ist für die Annahme einer mangelhaften Organisation nicht ausreichend.

Ein Bauherr beauftragte einen Unternehmer mit der Errichtung einer Lagerhalle. Der Bauer wendet gegen die gerichtlich geltend gemachte Restwerklohnforderung in Höhe von über 200.000 Euro Mängelansprüche wegen unter anderem mangelhafter Betonstützen ein. In einem gerichtlich bestellten Gutachten wurde festgestellt, dass die Stahlkörbe der Stützen statt der geschuldeten Betonüberdeckung von 2,5 cm lediglich eine Überdeckung von teilweise nur 0,2 cm aufwiesen. Der Unternehmer beruft sich auf die Verjährung der Mängelansprüche, da die vertraglich vereinbarte Gewährleistungsfrist abgelaufen sei. Der Bauherr dagegen ist der Auffassung, die Verjährungsfrist wegen Organisationsverschuldens sei auf 30 Jahre verlängert.

Das Oberlandesgericht Hamm entschied zu Gunsten des Unternehmers. Die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Verjährungsfrist wegen Organisationsverschuldens lägen nicht vor. Der Unternehmer hatte zur Erfüllung der vertraglich übernommenen Leistungen einen Subunternehmer beauftragt und auf der Baustelle einen Polier zur Überwachung eingesetzt. Das Auftreten organisatorischer Fehler hat der Bauherr dabei nicht aufgezeigt. Allerdings können dem Besteller, der die Darlegungs- und Beweislast für das vorliegen eines Organisationsfehlers trägt, Beweiserleichterungen zugutekommen. Dabei kann die Art des mangels ein so überzeugendes Indiz für eine fehlende oder fehlerhafte Organisation sein, dass es weiterer Darlegungen hierzu nicht mehr bedarf, so dass der Unternehmer sich nunmehr zur Vermeidung des Arglistvorwurfs entlasten muss. Der Sachverständige kam zu dem Schluss, dass die mangelhafte Betonüberdeckung bei ordnungsgemäßer Kontrolle durch den Polier nach dem Erstellen der Schalung und vor dem Eingiessen des Betons hätte bemerkt werden können und müssen. Um auf eine mit der Arglist vergleichbare Verletzung der Organisationsobliegenheit des Unternehmers zu schließen reicht dies jedoch nicht aus. Zur Annahme einer mangelhaften Organisation bedarf es dem vorliegen eines Baumangels, welcher bei ordnungsgemäßer Bauüberwachung festgestellt worden wäre. Denn selbst bei fehlerhafter Bauüberwachung gibt es eine Vielzahl von Fehlerquellen, die nicht auf fehlerhafte Organisation der Bauüberwachung beruhen. Bauunternehmer beschäftigen häufig Subunternehmer und Vertrauen auf deren Leistungen, so dass im vorliegenden Fall der Unternehmer fehlerhaft auf die notwendige Kontrolle verzichtet hat. Somit liegt ein Einzelfallversagen vor, dass nicht Folge genereller fehlerhafter Organisation ist.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Jochen Zweschper, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht