Verfassungsgerichtshof Thüringen: Gemeinden scheitern mit Verfassungsbeschwerden gegen kommunalen Finanzausgleich

01.01.2012

Verfassungsgerichtshof Thüringen: Gemeinden Scheitern mit Verfassungsbeschwerden gegen kommunalen Finanzausgleich

Zu: VerfG Thüringen, Entscheidung vom 18.3.2010 - VerfGH 52/08

Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat die Verfassungsbeschwerden gegen den kommunalen Finanzausgleich für die Jahre 2008 und 2009 als unzulässig zurückgewiesen. Die beschwerdeführenden Gemeinden hätten nicht hinreichend dargelegt, dass die angefochtene Norm des Thüringer Finanzausgleichgesetzes sie ihrem von der Thüringer Verfassung garantierten Recht auf Selbstverwaltung verletzen können.

Die Städte Gera und Bad Langensalza sowie die Gemeinde Straufhain richteten sich mit ihren Verfassungsbeschwerden gegen § 3 Abs. 1 des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes. Diese Norm enthielt den Gesamtbetrag aller Mittel, die das Land den Thüringer Gemeinden in den Jahren 2008 und 2009 im Rahmen des kommunalen Finanzausgleich zur Verfügung stellte (so genannte Finanzausgleichsmasse). Die oben genannten Gemeinden haben beantragt, diese Norm für nichtig zu erklären. Sie rügten eine Verletzung ihres Rechts auf kommunale Selbstverwaltung und vertraten die Ansicht, das Verfahren zur Ermittlung der Ausgleichsmasse habe verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügt. Daher sei der Ausgleichsbetrag zu gering festgesetzt worden. Die Verfassungsbeschwerden blieben erfolglos, da sie für unzulässig erachtet worden.

Der VerfGH Thüringen urteilte, dass mit einer kommunalen Verfassungsbeschwerde nur die Verletzung des eigenen Selbstverwaltungsrechts gerügt werden könne. Der Verstoß gegen Rechte Dritter könne in diesem Verfahren ebenso wenig geltend gemacht werden wie die Nichteinhaltung sonstigen Verfassungsrechts. Sofern sich die beschwerdeführenden Gemeinden durch einen Fehler im Gesetzgebungsverfahren verletzt sehen, haben sie darzulegen, dass dieser Fehler sie in ihrer individuellen Rechtsposition verletzen könne.

Die Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Gesetzgebungsverfahren dienten einem materiellen Ziel. Sie hätten sicherstellen sollen, dass die Gemeinden in einem Umfang mit finanziellen Mitteln ausgestattet würden, der den verfassungsrechtlichen Garantien entspreche. Fehler im Gesetzgebungsverfahren führen laut VerfGH dann nicht zu einer Verletzung des Selbstverwaltungsrechts einer einzelnen Gemeinde, wenn ohne weiteres auf der Hand liegt, dass sie trotzdem unter Berücksichtigung der Mittel aus dem kommunalen Finanzausgleich ohne nennenswerte Beeinträchtigungen finanzielle Entscheidungen treffen kann. Das Vorbringen des Beschwerdeführers müsse verdeutlichen, dass die behauptete Rechtsverletzung auch unter diesem Gesichtspunkt eintreten könne.

Diese Voraussetzungen seien durch die Beschwerdeführerinnen nicht beachtet worden. Zwar hätten sie die Fehler aufgezeigt, die ihrer Ansicht nach dem Gesetzgeber bei der Ermittlung der Ausgleichsmasse unterlaufen seien, jedoch hätten sie es unterlassen, die materiellen Folgen dieser Fehler darzulegen. Die Ausführung hätten sich auf die Behauptung beschränkt, der Ausgleichsbetrag, der allen Gemeinden in ihrer Gesamtheit zur Verfügung stehe, hätte sich bei richtiger Berechnung erhöht. Nicht vorgetragen haben sie jedoch, wie sich diese fehlende Erhöhung auf ihre eigene Situation ausgewirkt habe. Die Beschwerdeschrift enthielt keine Angaben zu der finanziellen Lage und Gestaltungsfähigkeit der einzelnen beschwerdeführenden Gemeinden. Ebenso wenig wurden Einschränkungen aufgezeigt, denen sie sich aufgrund ihrer tatsächlichen Finanzausstattung gegenübersähen. Ob und gegebenenfalls welche Aufgaben sie nicht mehr erfüllen könnten, wurde nicht angegeben.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Dr. Alfred Stapelfeldt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht