Abweichung vom Regionalplan durch das Regierungspräsidium Gießen vom VGH Kassel aufgehoben

01.01.2012

Abweichung vom Regionalplan durch das Regierungspräsidium Gießen vom VGH Kassel aufgehoben

Zu: VGH Hessen, Urteil vom 25.3.2010 - 4 A 1687/09

Ein Bescheid des Regierungspräsidiums Gießen, mit dem das Regierungspräsidium die Abweichung vom Regionalplan Mittelhessen 2001 zugelassen hatte (interkommunaler Gewerbepark "Pfaffenpfad" auf dem Gebiet der Stadt Linden) wurde vom hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel aufgehoben. Die Abweichung verletze die Stadt Gießen in ihrer Planungshoheit welche Ausprägung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts ist. Da die Stadt Gießen nicht wirksam auf die Fläche verzichtet habe, werde dadurch eine Fläche der Bauleitplanung entzogen.

Im August 2007 hatte die Stadt Linden, welche gemeinsam mit der Stadt Pohlheim und drei weiteren Gemeinden eine interkommunale Zusammenarbeit anstrebt, eine Abweichung vom Regionalplan Mittelhessen 2001 beim Regierungspräsidium Gießen beantragt. Laut Antrag sollte eine zurzeit landwirtschaftlich genutzte, 83 ha große Fläche im Südwesten von Großen-Linden als Gewerbeflächen (Gewerbepark "Pfaffenpfad") ausgewiesen werden. Im November 2007 wurde Antrag auf einer Fläche von 40 ha reduziert. Die Fläche an der Autobahn 45 beim Gießener Südkreuz grenzt unmittelbar an das Stadtgebiet der Stadt Gießen an. Die Stadt Gießen und die Gemeinde Hüttenberg stellten im Rahmen eines Anhörungsverfahrens einen Verzicht auf bereits ausgewiesene Gewerbeflächen zu Gunsten der Stadt Linden in Aussicht, um die vom Regierungspräsidium geforderte Erhaltung der Gesamtbilanz an Gewerbeflächen in der Region zu ermöglichen.

Allerdings machte die Stadt Gießen ihre Verzichtserklärung von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abhängig. Am 19.3.2008 erging durch Bescheid des Regierungspräsidiums Gießen die von der Stadt Linden beantragte Abweichungsentscheidung in einem reduzierten Umfang von 30 ha, ohne jedoch sämtliche von der Stadt Gießen geforderten Voraussetzungen zu erfüllen. Die Entscheidung sei unter anderem vor, dass eine bisher für Gewerbenutzung dargestellte Fläche im Umfang von 11 ha im Gebiet von Gießen-Lützellinden in Regionalplan als "Vorranggebiete für Landwirtschaft "und zusätzlich als "Vorranggebiet regionaler Grünzug" dargestellt werden sollen. Stattdessen erhob am 14.4.2008 Klage gegen die Abweichungsentscheidung. Die Klage blieb vor dem Verwaltungsgericht ohne Erfolg, woraufhin die Stadt Gießen in Berufung ging.

Die Berufung hatte Erfolg. Das Urteil wurde vom VGH Kassel abgeändert und die Abweichungsentscheidung des Regierungspräsidiums aufgehoben. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Abweichungsentscheidung die Planungshoheit der Stadt als Ausprägung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts verletze. Durch die Abweichungsentscheidung werde auf dem Gebiet der Stadt Gießen eine Fläche von 11 ha der städtischen Bauleitplanung entzogen, da ein wirksamer Flächenverzicht der Stadt nicht vorliege.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Dr. Alfred Stapelfeldt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht