Bei Verhandlungen über den Hauptanspruch wirkt die Verjährungshemmung auch gegenüber dem Bürgen

01.01.2012

Bei Verhandlungen über den Hauptanspruch wirkt die Verjährungshemmung auch gegenüber dem Bürgen

Zu: BGH, Urteil vom 26.1.2010

Die Klägerin nimmt den Beklagten aus zwei selbstschuldnerischen Höchstbetragsbürgschaften in Anspruch. Mit der fristlosen Kündigung der Klägerin vom 29.6.2001 trat Fälligkeit der Hauptforderung ein, woraufhin die Klägerin ab Februar 2002 mit der Hauptschuldnerin über eine vergleichsweise Lösung verhandelte. Am 4.6.2004 nahm sie den Beklagten aus den Bürgschaften in Anspruch. Die Bürgschaftsklage wurde am 13.10.2004 erhoben, sie ging dem Beklagten am 5.11.2004 zu. Am 19.6.2007 wurden die außergerichtlichen Verhandlungen für gescheitert erklärt. Der Beklagte beruft sich auf die Verjährung der Hauptforderung. In den Vorinstanzen wurde die Klage abgewiesen.

Das Berufungsurteil wurde vom BGH aufgehoben. Das Berufungsgericht hat die Forderung der Klägerin gegen den Beklagten aus § 765 Abs. 1 BGB nach den bislang getroffenen Feststellungen zu Unrecht verneint. Zwar ging das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei davon aus, dass die Hauptforderung durch die fristlose Kündigung der Klägerin vom 29.6.2001 fällig geworden ist, so dass die dreijährige Verjährungsfrist gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB, Art. 299 § 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1 EGBGB für die Hauptforderung am 1.1.2002 zu laufen begonnen hat, und dass diese Frist am 31.12.2004 abgelaufen wäre, wenn sie nicht vorher gehemmt worden wäre. Das Berufungsgericht ging jedoch fälschlicherweise davon aus, der Beklagte könne sich mit Erfolg auf die Verjährung der Hauptforderung mit Ablauf des 31.12.2004 berufen, weil eine eventuelle Verjährungshemmung durch Verhandlungen zwischen Klägerin und Hauptschuldnerin gemäß § 768 Abs. 2 BGB keine Wirkung zu seinen Lasten entfalte. Verhandelt der Hauptschuldner mit dem Gläubiger ernsthaft über den Bestand der Hauptschuld, so ist eine Hemmung der Verjährung gemäß § 203 S. 1 BGB auch gegenüber dem Bürgen wirksam, da dies vom Gesetzgeber erkennbar so gewollt ist und solche Verhandlungen einem Verjährungsverzicht durch den Hauptschuldner nicht vergleichbar sind. Gemäß dem Vortrag der Klägerin ist, mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts, davon auszugehen, dass die im Februar 2002 begonnen Verhandlungen der Klägerin mit der Hauptschuldnerin über eine vergleichsweise Lösung bis zur Mitteilung über das Scheitern durch den Schriftsatz vom 19.6.2007 angedauert haben und ernsthafter Natur waren. Nach § 203 BGB war die Verjährung der Hauptforderung in der Zeit von Februar 2002 bis Juni 2007 gehemmt, so dass vor Erlass des Mahnbescheids gegen die Hauptschuldnerin im Dezember 2007, durch die die Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB erneut gehemmt worden ist, keine Verjährung der Hauptforderung eingetreten ist.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Jochen Zweschper, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht