Bei Schäden am Gemeinschaftseigentum kann ein Verband Ansprüche einzelner Eigentümer an sich ziehen

01.01.2012

Bei Schäden am Gemeinschaftseigentum kann ein Verband Ansprüche einzelner Eigentümer an sich ziehen

Zu: BGH, Urteil vom 15.1.2010 - V ZR 80/09

Der Befugnis der Wohnungseigentümer, Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüche durch Mehrheitsbeschluss auf die Wohnungseigentümergesellschaft zur Ausübung zu übertragen, steht nicht entgegen, dass nur einem Mitglied der Gemeinschaft ein Anspruch auf ordnungsgemäße Herstellung oder Instandsetzung des Gemeinsachaftseigentums zusteht.

Die Eigentümerin eines 1890 gebauten Mehrfamilienhauses veräußerte bis auf vier Wohnungen sämtliche Einheiten. Im Zuge dessen ging sie teilweise werkvertraglichen Verpflichtungen beispielsweise zur Renovierung des Treppenhauses oder der Beseitigung von Wasserschäden und ihrer Ursachen ein. Dennoch kam es weiterhin durch Wassereinbrüche zu Schäden am Gemeinschaftseigentum. Daraufhin beschloss die Eigentümerversammlung am 6.2.2008 zur Herstellung ordnungsgemäßen Gemeinschaftseigentums Gewährleistungsrechte der Miteigentümer durch die Gemeinschaft in alleiniger Zuständigkeit und in eigenem Namen geltend zu machen. Dieser Beschluss wurde von der Eigentümerin in der Tatsacheninstanz erfolglos angefochten. Hiergegen richtet sich die Revision.

Die Revision bleibt erfolglos. Die Wohnungseigentümer hatten nach § 10 Abs. 6 S. 2 Alt. 2 in Verbindung mit § 21 Abs. 1, 5 Nr. 2 WEG die Kompetenz, Erfüllungs-, nach Erfüllungs- und primäre Mängelrechte der Wohnungseigentümer an sich zu ziehen. Diese Beschlusskompetenz besteht nicht nur bei gleichgerichteten Ansprüchen aller Eigentümer. Wäre dies der Fall, hätte der teilende Eigentümer in der Hand, durch Zurückbehalten einer Einheit oder Vereinbarung eines Gewährleistungsausschlusses die Geltendmachung durch den Verband zu verhindern. Die individuelle Rechtsverfolgung einzelner Miteigentümer wird durch die Ausübungsbefugnis des Verbandes überlagert. Dies ergibt sich daraus, dass der einzelne Wohnungseigentümer ohne Zustimmung der anderen nicht in das Gemeinschaftseigentum eingreifen darf und durchgeführte Maßnahmen rückgängig zu machen hat. Dies gilt ebenfalls, wenn nur einem einzigen Wohnungseigentümer solche Rechte zustehen. Unabhängig davon besteht die gemeinschaftliche Verantwortung für das Gemeinschaftseigentum, egal wie vielen Eigentümern derartiger Ansprüche zustehen. Ein solcher Beschluss entspricht auch ordnungsgemäßer Verwaltung da es in aller Regel erforderlich ist, einen gemeinschaftlichen Willen darüber zu bilden, wie die Herstellungsgemeinschaft Eigentum zu bewerkstelligen ist.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Jochen Zweschper, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht