Verlust des Mandats im Gemeinderat wegen Wochenendehe

01.01.2012

Verlust des Mandats im Gemeinderat wegen Wochenendehe

Ein CSU-Gemeinderat verlor sein Mandat, weil er seine Wochenenden mit seiner in einer anderen Gemeinde wohnenden Familie verbringt. Diese Entscheidung hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof bestätigt. Das Grundrecht zum Schutz von Ehe und Familie sei nicht verletzt. Denn der Beschwerdeführer habe seine Wählbarkeit nicht infolge der Eheschließung verloren, sondern wegen der damit einhergehenden Veränderungen seiner räumlichen Lebensbeziehungen, so der Verfassungsgerichtshof am 11.01.2010 (Az.: 79-VI-09).

Der Beschwerdeführer ist mit einzigem Wohnsitz in der Gemeinde gemeldet und gehörte seit 1987 dem dortigen Gemeinderat an. Im Oktober 1994 heiratete er. Seine Ehefrau lebt zusammen mit dem gemeinsamen Sohn in einer anderen Gemeinde. Sie und der Sohn sind in dieser anderen Gemeinde mit der Hauptwohnung, in der Gemeinde, gegen die sich der Beschwerdeführer richtet mit Nebenwohnung gemeldet. Der Beschwerdeführer hält sich an Werktagen im Wesentlichen in dieser Gemeinde auf und geht dort seinem Beruf nach. Die Wochenenden verbringt er bei seiner Ehefrau und seinem Sohn.

Im Oktober 2008 stellte die Gemeinde fest, dass der Beschwerdeführer wegen des Verlustes der Wählbarkeit sein Mandat im Gemeinderat verloren habe. Für die Wählbarkeit sei auf den Schwerpunkt der Lebensbeziehungen abzustellen. Bei Verheirateten, die nicht dauernd getrennt lebten, sei dies regelmäßig die Familienwohnung. Dies ergebe sich aus Art. 21 Abs. 1 Nr. 3 Halbsatz 1 des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes (GLKrWG) und § 1 Satz 1 Hs. 1 der Gemeinde- und Landkreiswahlordnung (GLKrWO). Die Entscheidung der Gemeinde wurde im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bestätigt.

Hiergegen zog das Gemeinderatsmitglied vor den VerfGH Bayern. Die Rechtslage dürfe nicht dazu führen, dass er allein infolge der Eheschließung ungewollt seine Wählbarkeit verliere. Die Verfassungsbeschwerde hatte keinen Erfolg.

Die Gemeinde und die Verwaltungsgerichte gingen davon aus, dass Art. 21 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 3 GLKrWG die widerlegliche Vermutung begründe, der Beschwerdeführer habe den für das passive kommunale Wahlrecht maßgeblichen Schwerpunkt seiner Lebensbeziehungen am Ort seiner melderechtlichen Hauptwohnung. Sie sehen diese Vermutung im konkreten Fall auf der Grundlage der in § 1 Satz 1 Hs. 1 GLKrWO getroffenen Regelung als widerlegt an. Danach komme es für Verheiratete regelmäßig auf die vorwiegend benutzte Wohnung der Familie an.

Die Annahme, die familiäre Situation des Beschwerdeführers rechtfertige keine Ausnahme, verstoße weder gegen den Wertgehalt des passiven Kommunalwahlrechts (Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 14 Abs. 2 der Bayerischen Verfassung) noch gegen das Grundrecht zum Schutz von Ehe und Familie (Art. 124 Abs. 1 der Bayerischen Verfassung), so der Bayerische VerfGH. Der Beschwerdeführer habe seine Wählbarkeit nicht infolge der Eheschließung verloren, sondern wegen der damit einhergehenden Veränderungen seiner räumlichen Lebensbeziehungen. Dass die Bestimmung des Ortes für die Ausübung des passiven Wahlrechts nicht von subjektiven Elementen, sondern in Übereinstimmung mit dem Hauptwohnungsbegriff des Melderechts von objektiven Merkmalen abhängig gemacht werde, diene der Praktikabilität wahlrechtlicher Regelungen.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Dr. Alfred Stapelfeldt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht