Kommunen haften nicht für von Fraktionen eingegangenen Verbindlichkeiten

01.01.2012

Kommunen haften nicht für von Fraktionen eingegangenen Verbindlichkeiten

Mit Beschluss vom 09.06.2007 (Az.: 10 ME 17/09) hat das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen in Lüneburg entschieden, dass eine Kommune einer Fraktion nicht deshalb eine höhere Zuwendung als einer anderen, gleich starken Fraktion zukommen lassen darf, weil die Fraktion finanzielle Verpflichtungen eingegangen ist, die sie mit ihren Mitteln nicht erfüllen kann. Begründet hat das Gericht dies mit Verweis auf die Chancengleichheit der Parteien. Die Kommune hafte nicht für die von Fraktionen eingegangenen Verbindlichkeiten, so das Gericht weiter.

Aufgrund eines entsprechenden Kreistagesbeschlusses gewährte der Landkreis Hildesheim den Fraktionen und Gruppen im Kreistag Zuwendungen für deren sächliche und personelle Aufwendungen für die Geschäftsführung. Diese Zuwendungen werden nach der Größe der Fraktionen und Gruppen bemessen. Beispielsweise musste eine Kreistagsfraktion ihren zuvor gekündigten Fraktionsgeschäftsführer weiterbeschäftigen und diesem weiterhin Gehalt zahlen, weil die ausgesprochene Kündigung im arbeitsgerichtlichen Verfahren keinen Bestand hatte. Der Fraktion sollte wegen dieser unvorhergesehenen finanziellen Verpflichtung nach einem entsprechenden Kreistagsbeschluss höhere Zuwendungen gewährt werden. Eine andere, vergleichbar große, Kreistagsgruppe hat dagegen Klage erhoben und die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt. Der Landrat wurde daraufhin vom Verwaltungsgericht Hannover verpflichtet, den Kreistagsbeschluss über die Gewährung höherer Zuwendungen vorerst nicht zu vollziehen. Das Oberverwaltungsgericht hat die dagegen gerichtete Beschwerde des Landrats nunmehr zurückgewiesen.

Das Oberverwaltungsgericht führte aus, dass eine Kommune bei ihrer Ermessensentscheidung, den Fraktionen und Gruppen für ihre Geschäftsführung Zuwendungen zu gewähren, an den allgemeinen Gleichheitssatz in Form des Grundsatzes der Chancengleichheit gebunden sei. Dieser Grundsatz beanspruche auch Geltung für die Rechtsbeziehung zwischen kommunalen Organen und Organteilen. Daraus folge, dass alle Fraktionen und Gruppen einen Anspruch auf sachgerechte und willkürfreie Teilhabe an der Vergabe der für diesen Zweck zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel hätten.

Das Oberverwaltungsgericht stellte klar, dass eine Ungleichbehandlung der Fraktionen und Gruppen einer sachlichen Rechtfertigung bedürfe. Grundsätzlich stelle die an der Größe einer Fraktion oder Gruppe orientierte Abstufung bei der Höhe der Zuwendungen eine solche Rechtfertigung dar. Jedoch hafte die Kommune nicht für die von Fraktionen oder Gruppen eingegangenen Verbindlichkeiten. Deshalb könnten Fraktionen und Gruppen keine weiteren Zuwendungen beanspruchen, weil sie eingegangene oder übernommene Verpflichtungen mit ihren Mitteln nicht erfüllen könnten.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Dr. Alfred Stapelfeldt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht