Verzögertes Vergabeverfahren löst nicht automatisch Anspruch auf Mehrvergütung aus

01.01.2012

Verzögertes Vergabeverfahren löst nicht automatisch Anspruch auf Mehrvergütung aus

Mit Urteil vom 17.06.2009 (Az.: 14 U 62/08) hat das Oberlandesgericht Celle entschieden, dass wenn sich das Vergabeverfahren verzögert, der Auftragnehmer nicht automatisch einen Anspruch auf eine Mehrvergütung hat, wenn wegen der Verzögerung Mehrkosten, zum Beispiel durch zwischenzeitlich gestiegene Materialkosten, entstanden sind.

Seit einiger Zeit beschäftigt die Frage, wer die Mehrkosten durch eine Bauzeitverschiebung zu tragen hat, wenn bei der Vergabe von Bauaufträgen durch die öffentliche Hand ein Mitbieter ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet hat, dieses aber erfolglos bleibt, die Obergerichte. Weder der Auftragnehmer, der den Zuschlag erhalten hat, noch die öffentliche Hand können das Nachprüfungsverfahren verhindern und wollen daher die Mehrkosten nicht tragen. Im Mai 2009 hat der Bundesgerichtshof die Mehrkosten dem öffentlichen Auftraggeber auferlegt, wenn der Zuschlag unverändert auf das Angebot erteilt worden ist.

Im vorliegenden Fall machte ein Berliner Straßenbauunternehmen Mehrkosten für die verzögerte Erteilung des Zuschlages für ein Straßenbauvorhaben geltend. Nach dem verzögerten Vergabeverfahren hatte der öffentliche Auftraggeber, anders als bei dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall, im Zuschlagsschreiben jedoch neue Fertigstellungsfristen bestimmt.

Nach Ansicht des Gerichts, habe die öffentliche Hand bei dieser Fallgestaltung das ursprüngliche Gebot des Bauunternehmers nur in modifizierter Form angenommen. Damit handele es sich rechtlich um ein neues Angebot unter Ablehnung des ursprünglichen Angebotes im Sinne des § 150 Abs. 2 BGB. Der Bieter hätte unter diesen Umständen auf während der verlängerten Zuschlagsfrist eingetretene Preiserhöhungen hinweisen und gegebenenfalls durch eine erneute Ablehnung des neuen Angebots einen neuen Preis verlangen müssen. Versäume der Bieter dies, könne der öffentliche Auftraggeber davon ausgehen, dass der Bieter trotz der eingetretenen Preiserhöhung auskömmlich kalkuliert habe. Nach Ablauf der Annahmefrist sei der Auftraggeber nicht verpflichtet sich auf einen geänderten Preis einzulassen.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Joachim Krumb, Fachanwalt für Verwaltungsrecht