Wassermenge zur Gartenbewässerung dürfen nicht zur Abwassergebühr herangezogen werden

01.01.2012

Wassermenge zur Gartenbewässerung dürfen nicht zur Abwassergebühr herangezogen werden

Mit Urteil vom 19.03.2009 (Az.: 2 S 2650/08) hat der Verwaltungsgerichtshof Mannheim entschieden, dass wenn ein Grundstückseigentümer mithilfe eines Wasserzählers nachweisen kann, dass ein Teil des bezogenen Wassers für die Gartenbewässerung verwendet wurde und nicht in die Kanalisation gelangt ist, die Gemeinde ihn für diese Wassermenge nicht zu Abwassergebühr heranziehen kann, wenn die Abwassergebühr aufgrund ihrer Satzung nach dem Frischwassermaßstab bemessen wird. Eine Abwassersatzung, die solche Wassermenge erst ab einem Umfang von 20 Kubikmetern gebührenfrei stellt, verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz. Damit wurde der Klage eines Grundstückeigentümers gegen die Stadt Neckargemünd stattgegeben.

In ihrer Satzung hat die beklagte Stadt geregelt, dass sich die Abwassergebühr grundsätzlich nach dem Frischwassermaßstab bemisst. Somit gilt als gebührenpflichtige Abwassermenge die Wassermenge, die aus der öffentlichen Wasserversorgung zugeführt wird. Auf Antrag bleiben jedoch Wassermengen, die nachweislich nicht in die öffentliche Kanalisation gelangen, gebührenfrei. Dies gilt jedoch erst ab einer Wassermenge von 20 Kubikmetern. Der Nachweis ist durch einen geeichten Nebenzähler zu führen, den der Gebührenpflichtige auf eigene Kosten zu beschaffen und zu unterhalten hat. Zwischen Dezember 2005 und Dezember 2006 hatte der Kläger, Eigentümer eines im Stadtgebiet gelegenen Grundstücks, von dem bezogenen Frischwasser 63 Kubikmeter zur Bewässerung seines großen Gartens verwendet, die er über zwei gesonderte und mit geeichten Nebenzählern ausgerüstete Wasserleitungen entnommen hat. Die Stadt setzte aufgrund der in der Satzung vorgesehenen Bagatellgrenze lediglich 43 Kubikmeter Frischwasser ab und zog ihn für den Rest im Januar 2007 zu Abwassergebühren heran. Gegen den Gebührenbescheid wehrte sich der Kläger und hatte damit sowohl vor dem Verwaltungsgericht, als auch vor dem Verwaltungsgerichtshof Erfolg.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs, muss die Stadt die zur Bewässerung des Gartens verwendete Frischwassermenge in voller Höhe, das heißt im Umfang von 63 Kubikmetern absetzen und den Gebührenbescheid entsprechend reduzieren. Die in der Satzung enthaltene Bagatellgrenze von 20 Kubikmetern verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und sei deshalb nichtig. Die Bagatellgrenze von 20 Kubikmetern führe dazu, dass diejenigen, die bis zu 20 Kubikmeter des bezogenen Frischwasser zur Gartenbewässerung, zum Befüllen von Teichen oder ähnlichem verwendeten und nicht in den Abwasserkanal einleiteten, schlechter gestellt würden als solche Personen, bei denen fast das gesamte Frischwasser als Abwasser in den Kanal gelange. Im Ergebnis habe ein Grundstückseigentümer, der 60 Kubikmeter Frischwasser beziehe, davon aber nur 40 Kubikmeter dem Kanal zuführe und die restlichen 20 Kubikmeter zur Gartenbewässerung verwende, ebenso viel zu zahlen wie ein Grundstückseigentümer, der die 60 Kubikmeter komplett als Abwasser in den Kanal einleite.

Eine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung durch sachliche Gründe sei nicht ersichtlich, so der Verwaltungsgerichtshof. Auch ohne die Bagatellgrenze sei ein größerer Verwaltungsaufwand nicht zu befürchten, da die Kosten für die Beschaffung und Unterhaltung der Zähler nach der Satzung der Grundstückseigentümer zu tragen habe. Der Nebenzähler könne gemeinsam mit dem Hauptzähler abgelesen und die abzugsfähige Wassermenge gleich bei der Gebührenfestsetzung berücksichtigt werden. Bei der von der Stadt praktizierten elektronischen Erfassung der Zählerstände sei dies sogar noch einfacher. Wegen der Kosten für die Installation und die Nacheichung eines Nebenzählers sei es nicht zu erwarten, dass kleinere Absetzungsmengen geltend gemacht würden. Ein Missbrauch sei aufgrund der Regelungen über die Zähler und deren Anforderungen nicht in größerem Umfang zu erwarten.

Zwar sei der Frischwassermaßstabe ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab, der Ungenauigkeiten mit sich bringe. Diese Ungenauigkeiten seien jedoch hinzunehmen, soweit es um die Wassermenge gehe, die im Haushalt zum Kochen, Trinken oder ähnlichem benutzt und nicht in die Kanalisation eingeleitet werde. Dies gelte aber nicht für die zur Gartenbewässerung verwendeten Wassermengen, für die ein Nebenzähler installiert sei. Überdies sei es gleichheitswidrig, dass die Bagatellgrenze auf landwirtschaftliche Betriebe keine Anwendung finde.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Dr. Alfred Stapelfeldt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht