Unternehmer kann Mehrvergütungsansprch wegen Bauzeitverschiebung geltend machen

01.01.2012

Unternehmer kann Mehrvergütungsansprch wegen Bauzeitverschiebung geltend machen

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 11.05.2009 (Az.: VII ZR 11/08) entschieden, ob dem Unternehmer nach einem verzögerten Vergabeverfahren ein Mehrvergütungsanspruch wegen einer Bauzeitverschiebung zustehen kann. Die Frage wurde für eine Fallkonstellation bejaht, in der der Zuschlag unverändert auf das Angebot erteilt worden ist. In diesem Fall sei der Zuschlag ungeachtet der Bindefristverlängerung wegen der Formstrenge des Vergabeverfahrens, das Änderungen der Ausschreibung grundsätzlich nicht zulässt, mit den in der Ausschreibung vorgesehenen Terminen zustande gekommen.

Die §§ 102 ff Getz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GBW) bietet einem unterlegenen Bieter die Möglichkeit, den beabsichtigten Zuschlag an einem anderen Bieter in einem Nachprüfungsverfahren überprüfen zu lassen. Seit dem ist die öffentliche Vergabe von Bauaufträgen mit einem grundlegenden Problem belastet. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs, nimmt auch ein letztlich erfolgloses Nachprüfungsverfahren bisweilen erhebliche Zeit in Anspruch. In eben diesem Zeitraum dürfe der Zuschlag nicht erteilt werden. Das wiederum könne dazu führen, dass die in der öffentlichen Ausschreibung vorgesehenen Bautermine nicht eingehalten werden können. Und infolge dessen würden die Bieter dann zu einer Verlängerung der Bindefrist für ihr Angebot, dem die öffentliche Ausschreibung zugrunde liegt, aufgefordert. Der Zuschlag könne dann auch zu einem Zeitpunkt erteilt werden, an dem die Bautermine nicht mehr eingehalten werden können.

Durch die Bauzeitverschiebung entstandene Mehrkosten, etwa weil sich für den Auftragnehmer infolge der Bauzeitverschiebung die Einkaufspreise für das Material erhöhte haben, so machten die Auftragnehmer oftmals Ansprüche auf Ersatz der Mehrkosten geltend. Es könne dann Streit der Parteien darüber entstehen, wer die Mehrkosten zu tragen habe. Nach Angaben des Bundesgerichtshofs berufen sich in aller Regel beide Partei darauf, dass das Risiko der Verschiebung des Zuschlags und der Bauzeit die jeweils andere Partei zu tragen hat, weil keine der Parteien die Verzögerung verschuldet hat. Darüber hinaus mache der Auftraggeber oft geltend, der Bieter, der die Bindefrist verlängere, habe dadurch das Risiko von Mehrkosten übernommen.

Der Bundesgerichtshof hat nun die Frage, ob dem Unternehmer nach einem verzögerten Vergabeverfahren ein Mehrvergütungsanspruch wegen einer Bauzeitverschiebung zustehen kann, in der Fallkonstellation bejaht, in der der Zuschlag unverändert auf das Angebot erteilt worden ist. Der Zuschlag sei in diesem Fall ungeachtet der Bindefristverlängerung wegen der Formstrenge des Vergabeverfahrens, das Änderungen der Ausschreibung grundsätzlich nicht zulasse, mit den in der Ausschreibung vorgesehenen Terminen zustande gekommen. Da der Vertrag zu diesen Terminen nicht mehr durchgeführt werden könne, entstehe eine Vertragslücke, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nach Treu und Glauben so zu schließen sei, dass die Parteien sich über eine neue Bauzeit und über die Bezahlung eventueller Mehrkosten verständigen müssen.

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs ist die Vergütungsanpassung dann nach § 2 Nr. 5 VOB/B vorzunehmen und zwar grundsätzlich auch in Fällen, in denen nur geringe Mehrkosten geltend gemacht werden. Könnten sich die Parteien nicht einigen, entscheide das Gericht. In gleicherweise zu behandeln sind Fälle, in denen der Bieter im Zusammenhang mit der Bindefristverlängerung erklärte, er behalte sich im Falle verschobener Ausführungsfristen und hierdurch erhöhte Kosten die Geltendmachung einer Mehrvergütung vor, der Zuschlag jedoch aus zwingenden Gründen des Vergaberecht unverändert auf die ausgeschriebene Bauzeit erfolgt ist.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Jochen Zweschper, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht