§ 19 Abs. 1 EEG 2009 kann nicht einstweilen außer Kraft gesetzt werden

01.01.2012

§ 19 Abs. 1 EEG 2009 kann nicht einstweilen außer Kraft gesetzt werden

Das Bundesverfassungsgericht hat am 18.02.2009 (Az.: 1 BvR 3076/08) den Antrag der Betreiberin eines Bioenergieparks und der zur Errichtung des Bioenergieparks gegründeten Projektgesellschaft, § 19 Abs. 1 EEG einstweilen außer Kraft zu setzen, abgelehnt.

Die Beschwerdeführerinnen hatten geltend gemacht, dass ? anders als unter Geltung des EEG 2004 ? die 40 technisch selbstständigen Anlagen des Bioenergieparks ab dem Inkrafttreten des EEGH 2009 am 01.01.2009 als eine Großanlage gälten und die daher pro eingespeister Kilowattstunde Strom eine geringere Vergütung erhielten. Die Anlagenbetreiberin müsste auf Grund der dadurch erheblich verringerten Einnahmen innerhalb kürzester Zeit Insolvenz anmelden.

Nach Auffassung der Richter ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen, da die Verfassungsbeschwerde offensichtlich unbegründet ist. Daher wirft sich eine erst im Hauptsacheverfahren zu klärende Frage nicht auf.

Die Vorschrift des § 19 Abs. 1 EEG 2009 verstößt nicht gegen des Grundrecht der Beschwerdeführerinnen auf Eigentum. Daher kann es offenbleiben, ob der EEG-Vergütungsanspruch, der dem Anlagenbetreiber einen über den Marktpreis hinausgehenden Erlös für Strom aus Erneuerbaren Energien sichern soll, von Art. 14 Abs. 1 GG geschützt wird. Auch wenn man davon ausgehen würde, ist eine Grundrechtsverletzung nicht festzustellen. Ob der Vergütungsanspruch unter Geltung des EEG 2004 in der von den Beschwerdeführerinnen angenommenen Höhe bestanden hat erscheint bereits zweifelhaft. Im Ergebnis komme es jedoch auf die hierfür maßgebliche Auslegung des § 3 Abs. 2 Satz Halbsatz 1 EEG 2004 nicht an. Selbst wenn man der verfassungsrechtlichen Prüfung zugrunde legen würde, dass die Stromeinspeisung des betroffenen Bioenergieparks bislang einzelanlagenbezogen zu vergüten waren, und § 19 Abs. 1 EEG 2009 ausgehend hiervon eine nach altem Recht erworbene Rechtsposition der Beschwerdeführerinnen verkürzt, ist die Regelung als verfassungsrechtlich zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums nicht zu beanstanden. Sie führe zwar zu einer erheblichen Reduzierung der mit dem Betrieb des Bioenergieparks erzielbaren Einspeisungsvergütung. Diese gesetzliche Kürzung des Vergütungsanspruchs genügt jedoch den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sowie des im Gewährleistungsbereich des Art. 14 Abs. 1 GG zu berücksichtigenden Grundsatzes des Vertrauensschutzes.

Das legitime Ziel des § 19 Abs. 1 EEG 2009 dient der Vermeidung einer unnötig hohen finanziellen Belastung der Netzbetreiber, Letztversorger und schließlich der Stromkunden, die wegen des im EEG 2009 geregelten Ausgleichsmechanismus die sogenannten Differenzkosten tragen müssen, infolge der Aufteilung einer oder mehrere großer Biomasseanlagen in eine Vielzahl kleiner Anlagen. Die Regelung ist zur Verfolgung dieses Ziels auch geeignet und erforderlich sowie verhältnismäßig im engeren Sinne. Nur dann, wenn die Beschwerdeführerinnen auf den Fortbestand des nach ihrem Verständnis in § 3 Abs. 2 EEG 20004 geregelten Anlagenbegriffs vertrauen durften könnte sich die nachträgliche Änderung der Vergütungsvorschriften als unangemessen erweisen.

Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall. § 19 Abs. 1 EEG 2009 genügt den Anforderungen des Grundsatzes des Vertrauensschutzes. Die Vorschrift entfaltet zwar insoweit rückwirkende Kraft, als sie auch auf vor dem 01.01.2009 in Betreib genommene Biomasseanlagen Anwendung findet. Diese Rückwirkung ist jedoch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Beschwerdeführerinnen konnten jedenfalls zu keinem Zeitpunkt auf den Fortbestand der in § 3 Abs. 2 Satz 2 EEG 2004 nach ihrer Auffassung getroffenen Regelungen vertrauen.

Bereits vor Beginn der Planungen für die Errichtung des Bioenergieparks wurde in der Kommentarliteratur zu § 3 Abs. 2 Satz 2 EEG 2004 die Auffassung vertreten, dass es für die Frage der Zusammenfassung mehrerer Anlagen auf den wirtschaftlichen Zusammenhang der Investitionen am gewählten Standort ankomme. § 3 Abs. 2 EEG 2004 diente zudem ausweislich der Gesetzesbegründung "auch dazu, die dem Gesetzeszweck widersprechende Umgehung der für die Vergütungshöhe geltenden Leistungsschwellen durch Aufteilung in kleinere Einheiten zu verhindern".

Daher mussten die Beschwerdeführerinnen jedenfalls mit einer künftigen Änderung dieser Rechtspraxis durch den Gesetzgeber rechnen. Auch § 12 Abs. 3 Satz 1 EEG 2004, auf den sich die Beschwerdeführerinnen berufen hatten, statuiert keinen uneingeschränkten Anspruch der Anlagenbetreiber auf Aufrechterhaltung des vergütungsrechtlichen Status quo, der von Verfassungswegen einer Schließung im Nachhinein erkannter Gesetzeslücken entgegenstünde.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Joachim Krumb, Fachanwalt für Verwaltungsrecht