Errichtung eines Telefonkasten vor dem eigenen Grundstück muss geduldet werden

01.01.2012

Errichtung eines Telefonkasten vor dem eigenen Grundstück muss geduldet werden

Das Verwaltungsgericht Darmstadt hat mit Urteil vom 15.10.2008 (Az.: 2 E 1018/07) über die Frage entschieden, inwieweit ein Grundstückseigentümer die Errichtung eines Telefonkasten vor seinem Grundstück dulden muss.

Die streitgegenständliche Zustimmungserklärung der Stadt nach § 68 Telekommunikationsgesetz, welche die Stadt Offenbach als Trägerin der Wegbaulast abgab, bezog sich unter anderem auf die Errichtung eines neuen Verteilerkastens auf dem Gehweg, welcher an das Grundstück des Klägers unmittelbar angrenzte. An gleicher Stelle befand sich zuvor bereits ein derartiger Verteilerkasten, der jedoch erheblich kleiner war, als der jetzt neu errichtete Kasten mit den Maßen 2,00 m Höhe, 0,5 m Tiefe und 1,68 m Breite. Nach Auffassung des Klägers sei der Sachverhalt nach Baurecht zu beurteilen und demnach der Verteilerkasten gegen die Abstandsflächenvorschrift des § 6 Hessische Bauordnung verstoße, Darüber hinaus sei die Vorschrift des § 68 Telekommunikationsgesetz verfassungskonform so auszulegen, dass die Stadt bei ihrer Entscheidung über die Zustimmungserklärung auch die Belange der Grundstücksnachbarn zu berücksichtigen habe.

Die Klage des Grundstückseigentümers, mit der dieser die Zustimmungserklärung der Stadt nach § 68 Telekommunikationsgesetz anfechten wollte, wurde vom Verwaltungsgericht Darmstadt abgewiesen. Nach Ansicht des Gerichts, seid die Stadt bei ihrer Entscheidung, ob die die Zustimmung nach § 68 Telekommunikationsgesetz erteilt, nur dazu berechtigt und verpflichtet, die Aspekte zu berücksichtigen, die sie als Trägerin der Straßen- und Wegebaulast betreffen. Ein Schutz Dritter, im vorliegenden Fall der Grundstücksnachbarn, entspreche nicht der gesetzlichen Intension des § 68 Telekommunikationsgesetz. Auch konnte das Gericht der weiteren Argumentation des Klägers nicht folgen, dass die Errichtung des Telefonverteilerkastens vor seinem Grundstück mit dem öffentlichen Baurecht unvereinbar sei, weil die Deutsche Telekom als gewinnorientiertes Unternehmen in Privatrechtsform, keine Aufgabe der "öffentlichen Versorgung" mit Telekommunikationsdiensten im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 5 Hessische Bauordnung wahrnimmt. Nach dieser Vorschrift ist die Anwendung der Hessischen Bauordnung unter anderem für die Leitungen, die dem Fernmeldewesen dienen, ausgeschlossen. Hierzu führte das Gericht aus, dass der Begriff "öffentliche Versordnung im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 5 Hessische Bauordnung nicht bedingt, dass der Betrieb einer Leitung in öffentlich-rechtlicher Form, durch die öffentliche Hand selbst erfolgen muss. Es genüge vielmehr, dass das Versorgungangebot der Allgemeinheit dient, das heißt dass ein Angebot unterbreitet wird, das für alle potentiellen Nutzer erreichbar ist. In diesem Sinne dienten Telekommunikationslinien und ihre Nebeneinrichtungen, wie Kabel- und Verteilerkästen, der öffentlichen Versorgung. Daher ist ein Zurückgreifen auf die Abstandsflächenvorschrift des § 6 Hessische Bauordnung nicht möglich, da diese Vorschrift aufgrund von § 1 Abs. 2 Nr. 5 Hessische Bauordnung auf Telekommunikationseinrichtungen der genannten Art nicht anwendbar ist.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Joachim Krumb, Fachanwalt für Verwaltungsrecht