Griechische Vergaberegelungen sind mit der Vergaberichtlinie der EU nicht vereinbar

01.01.2012

Griechische Vergaberegelungen sind mit der Vergaberichtlinie der EU nicht vereinbar

Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 16.12.2008 (Az.: C-213/07) entschieden, dass die Regelung zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen in Griechenland nicht mit der Vergaberichtlinie 93/37/EWG vereinbar sind. Nach griechischem Recht sind Unternehmer, die öffentliche Bauaufträge durchführen und außerdem im Sektor der Informationsmedien engagiert sind, von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen, ohne dass ihnen eine Möglichkeit gegeben wird, nachzuweisen, dass der Wettbewerb nicht gefährdet ist. In diesem Zusammenhang wurde nochmals klar gestellt, dass die in der Richtlinie auf berufliche Eignungskriterien gestützten Gründen für den Ausschluss von der Teilnahme am Vergabeverfahren für einen öffentlichen Bauauftrag erschöpfend aufgezählt seien. Unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit könnten weitere Ausschlussmaßnahmen nur erlassen werden, um die Transparenz und die Gleichbehandlung der Bieter zu gewährleisten. Bei der griechischen Regelung sei dies jedoch nicht der Fall.

Es sei mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unvereinbar, wenn eine Maßnahme, die Unternehmern, die im Sektor der Informationsmedien tätig seien oder Verbindungen zu einer Person hätten, die in diesem Sektor engagiert sei, nicht die Möglichkeit lasse, nachzuweisen, dass für die Transparenz der Verfahren und die Gleichbehandlung der Bieter keine tatsächliche Gefahr bestehe.

Die griechische Gesellschaft Erga OSE AE beschloss im Jahr 2001 eine Ausschreibung für die Durchführung von Erdarbeiten und technischen Arbeiten für den Unterbau der neuen zweispurigen Hochgeschwindigkeitseisenbahnlinie zwischen Korinth und Kiato. An dieser Ausschreibung nahmen die Gesellschaften Michaniki AE und KI Sarantopoulos AE teil. Der Auftrag erging im Jahr 2002 an KI Sarantopoulos AE, die später von der Pantechniki AE übernommen wurde. Vor dem Abschluss des Vertrags beantragte Erga OSE beim Nationalen Rundfunkrat eine Bescheinigung, mit der bestätigt wird, dass bei K. Sarantopoulos, dem Hauptaktionär und Mitglied des Verwaltungsrats sowie des Direktoriums von Pantechniki, keine Unvereinbarkeit mit der Vergabe bestehe. Die Bescheinigung wurde erteilt, da dieser seine wirtschaftliche Unabhängigkeit von seinem Sohn G. Sarantopoulos, Mitgleid der Verwaltungsräte von zwei griechischen Medienunternehmen, nachwies. Daraufhin erhob die Mitbewerberin Michaniki vor dem Symvoulio tis Epikrateias (Staatsrat) eine Klage auf Nichtigerklärung dieser Bescheinigung.

Der Europäische Gerichtshof lenkte in der Urteilsbegründung das Augenmerk auf den Zweck der Richtlinie. Dieser bestehe darin, öffentliche Bauaufträge dem Wettbewerb zugänglich zu machen und die Gefahr von Bevorzugungen durch die öffentliche Verwaltung auszuschließen. Daher sehe die Richtlinie mehrere Gründe für den Ausschluss eines Unternehmers von der Teilnahme vor, die auf objektive Erwägungen in Bezug auf die berufliche Eignung, wie zum Beispiel Zahlungsfähigkeit, wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit und Redlichkeit, gestützt seien. Zwar könne ein Mitgliedstaat weitere Ausschlussgründe vorsehen. Jedoch dürften diese nicht über das hinausgehen, was zu Erreichung des Zieles der Richtlinie erforderlich sei. Denn der Staat sei am besten in der Lage, im Licht seiner spezifischen historischen, rechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Gegebenheiten zu bestimmen, welche Situationen geeignet seien, die Transparenz der Auftragsvergabe zu beeinträchtigen und den Wettbewerb zu verfälschen. Diese Voraussetzungen werden von der griechischen Regelung nicht erfüllt.

Denn diese Regelung sieht vor, dass Unternehmer, die öffentliche Bauaufträge durchführen und darüber hinaus im Sektor der Informationsmedien engagiert sind, von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen sind. Sie erhalten dabei auch nicht die Möglichkeit nachzuweisen, dass der Wettbewerb dadurch nicht gefährdet werde. Von diesem Ausschluss sind nur Mittelspersonen wie Ehegatten oder Verwandte ausgenommen, wenn sie nachweisen, dass ihre Teilnahme an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags auf einer eigenständigen Entscheidung beruht, die ausschließlich ihrem eigenen Interesse folgt.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Dr. Alfred Stapelfeldt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht