Kohlekraftwerk Ingelheimer Aue muss auf die Tagesordnung der Stadtverordnetenversammlung gesetzt werden

01.01.2012

Kohlekraftwerk Ingelheimer Aue muss auf die Tagesordnung der Stadtverordnetenversammlung gesetzt werden

Am 22.09.2008 (Az.: 3 L 1018/08.WI) hat das Verwaltungsgericht Wiesbaden entschieden, dass die Wiesbadener Stadtverordnetenvorsteherin den Betreff "Kohlekraftwerk Ingelheimer Aue" auf die Tagesordnung der Stadtverordnetenversammlung am 25.09.2008 setzen muss.

Die Rathausfraktion von Bündnis90/DIE GRÜNEN hatten unter anderem den Eilantrag gegen die Stadtverordnetenvorsteherin der Landeshauptstadt Wiesbaden gestellt, mit dem die Stadtverordnetenvorsteherin verpflichtet werden sollte, den Antrag von Bündnis90/DIE GRÜNEN mit dem Betreff "Kohlekraftwerk Ingelheimer Aue" auf die Tagesordnung der Stadtverordnetenversammlung am 25.09.2008 zu setzen. Diesem Antrag hat das Verwaltungsgericht Wiesbaden nun stattgegeben.

Es liegt, nach Auffassung des Gerichts, ein Anspruch der Antragsteller aus § 58 Abs. 5 Hessische Gemeindeordnung vor, wonach die Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung die Anträge auf die Tagesordnung zu setzen hat, die vor der Sitzung bei ihr eingehen. Dabei habe die Stadtverordnetenvorsteherin nur zu prüfen, ob der zur Verhandlung anstehende Gegenstand in die Zuständigkeit der Gemeindevertretung oder in diejenige eines anderen Organs der Stadt Wiesbaden fällt. Ihrer Funktion komme nicht die Bedeutung zu, als eine Art "präventives Kontrollorgan" die Befassung der Stadtverordnetenversammlung mit eingereichten Beschlüssen zu verhindern. Nach der Rechtsprechung gelte dies selbst dann, wenn ein möglicher Verstoß der zur Beratung und Abstimmung anstehenden Beschlüsse gegen Rechts- oder Verfassungsvorschriften in Rede steht. Der Antrag befasse sich vorliegen zwar mit dem Verhalten von Magistratsmitgliedern in den Gremien der Eigengesellschaften ESWE AG und KMW AG und will diesen entsprechende Vorgaben machen. Dies hat jedoch nicht zur Folge, dass damit eine Zuständigkeit der Stadtverordnetenversammlung nicht gegeben ist. Bei dem Bau eines Kohlekraftwerks handele es sich um eine Frage von wesentlicher Bedeutung, zu der sich die Stadtverordnetenversammlung in einer Sitzung im März 2008 auch bereits ablehnend verhalten hat. Daher liege es in der originären Zuständigkeit der Stadtverordnetenversammlung, wenn diese im Namen der von ihr vertretenen Wählerschaft ihre politische Willensäußerung auch hinsichtlich des Verhaltens von Magistratsmitgliedern innerhalb der Gremien von Tochtergesellschaften der Landeshauptstadt Wiesbaden zum Ausdruck bringt. Die Vorschrift des § 125 Hessische Gemeindeordnung, der die Kompetenzen von Vertretern der Stadt in diesen Eigengesellschaften regelt, stehe der Aufnahme des umstrittenen Antrags auf die Tagesordnung nicht entgegen. Es bestehe insbesondere kein Weisungsrecht der Stadtverordnetenversammlung gegenüber den Magistratsmitgliedern in den Gremien von ESWE AG und KMW AG. Dies schließe aber nicht aus, dass eine Volksvertretung seiner "Stadtregierung" gegenüber eine eindeutige Haltung zeigen und auch eine -politische- Handlungsvorgabe machen darf. Da die Umsetzung der Pläne zur Errichtung des Kohlekraftwerks stetig weiterbetrieben wird, sei der umstrittene Antrag eilbedürftig. Angesichts des Zeitablaufs könne den Antragstellern effektiver Rechtsschutz nur durch die begehrte Eilentscheidung gewährt werden.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Dr. Alfred Stapelfeldt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht