Versicherung muss Kosten für den Neubau eines behindertengerechten Hauses anteilig übernehmen

01.01.2012

Versicherung muss Kosten für den Neubau eines behindertengerechten Hauses anteilig übernehmen

Mit Urteil vom 30.06.2008 (Az.: 2 O 268/06) hat das Landgericht Münster einem Mädchen, dass einen schweren Autounfall überlebt hat, 266.000 Euro zugesprochen. Mit diesem Geld soll ein behindertengerechtes Haus gebaut werden. Die Versicherung des Unfallverursachers muss sich mit dieser Summe an einem Neubau beteiligen, der insgesamt 680.000 Euro gekostet hatte. Die Versicherung wollte eigentlich nur 68.000 Euro zahlen.

Zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalls war die Klägerin zwei Jahre alt. Seither ist sie querschnittgelähmt und benötigt aufgrund eines Nervenabrisses an einem Halswirbel und einer Rückbildung des Gehirns einen Spezialrollstuhl. Bei dem Unfall sind die Mutter und eine Schwester der Klägerin verstorben. Die bis dahin von der Familie bewohne Wohnung war nicht behindertengerecht. Die Versicherung des beklagten Unfallverursachers verweigerte jedoch einen behindertengerechten Umbau, da dies zu kostspielig war. Der Vater der Klägerin und die Versicherung verhandelten über den Neubau eines behindertengerechten Hauses, nachdem sich keine behindertengerechte Wohnung hatte finden lassen. Die Versicherung erklärte sich bereit, behinderungsbedingte Mehrkosten in Höhe von 68.000 Euro zu übernehmen, da ein von ihr in Auftrag gegebenes Gutachten sagte, dass Kosten von mehr als 65.000 Euro unangemessen seien. Die Klägerin erklärte sich damit nicht einverstanden und erhob dagegen Klage vor Gericht.

Das Gericht sprach ihr schließlich 266.000 Euro zu. Fachleute hatten die Kosten für den Hausbau kalkuliert. Sie beliefen sich auf mehr als 680.000 Euro. Unter anderem sah das Landgericht Münster ein Pflegebad, ein Betreuerschlafzimmer, eine Betreuertoilette, einen Therapieraum, einen Abstellraum für Therapiegeräte, einen Aufzug sowie die anteilige Vergrößerung von Fluren, Küchen und des Dachbodens in dem Neubau für geboten. Des Weitern wurden eine Lüftungsanlage, eine Anlage zur Fernbedienung von Rollläden und Lampen, eine automatische Öffnungsvorrichtung für die Haustür, eine Hubbadewanne sowie höhenverstellbare Waschbecken und Küchenmöbel auf Kosten der Versicherung für angemessen angesehen.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Jochen Zweschper, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht