Anwohner haben Anspruch auf Verringerung der Feinstaubbelastung

01.01.2012

Anwohner haben Anspruch auf Verringerung der Feinstaubbelastung

Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 25.07.2008 (Az.: C-237/07) einen Anwohner einer viel befahrenen Straße in München bei seinem Streit mi dem Freistaat Bayer um die Verringerung der Feinstaubbelastung unterstützt. Das Gericht hat entschieden, dass die Feinstaubrichtlinie den einzelnen EU-Bürgern Rechte gibt, wenn sie unmittelbar durch Feinstaub belastet werden. Bei Gefahr der Überschreitung der Grenzwerte hätten sie den Anspruch, von den zuständigen Behörden die Erstellung eines Aktionsplans zu erwirken. Die Behörden seien jedoch nur zu kurzfristigen Maßnahmen verpflichtet, die geeignet seien, die Gefahr der Überschreitung der Grenzwerte auf ein Minimum zu verringern und schrittweise zu einem Stand unterhalb dieser Werte zurückzukehren.

Die Gemeinschaftsrichtlinie über die Beurteilung und die Kontrolle der Luftqualität (Richtlinie 96/62/EG) sieht vor, dass die Mitgliedstaaten Aktionspläne erstellen, in denen die Maßnahmen angegeben werden, die im Fall der Gefahr einer Überschreitung der Grenzwerte oder der Alarmschwellen kurzfristig zu ergreifen sind, um die Gefahr der Überschreitung zu verringern und deren Dauer zu beschränken.

Der Kläger wohnt an einer stark befahrenen Straße in München, etwa 900 Meter nördlich von einer Luftgütemessstelle. Der Immissionsgrenzwert für Feinstaubpartikel wurde nach den Messergebnissen an dieser Messstelle in den Jahren 2005 und 2006 weitaus mehr als 35 Mal überschritten, obwohl das Bundesimmissionsschutzgesetz nicht mehr als 35 Überschreitungen gestattet. Der Kläger erhob daraufhin Klage mit dem Antrag, den Freistaat Bayern zur Aufstellung eines Aktionsplans zur Luftreinhaltung zu verpflichten, damit kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen zu dem Zweck festgelegt werden, die zugelassene Grenze von jährlich 35 Überschreitungen des Immissionsgrenzwerts für Feinstaubpartikel einzuhalten.

Nachdem die Klage in erster Instanz ohne Erfolg geblieben war, entschied der Verwaltungsgerichtshof in München, dass die betroffenen Anwohner von den zuständigen Behörden die Aufstellung eines Aktionsplans fordern könnten, aber keinen Anspruch darauf hätten, dass dieser geeignete Maßnahmen zur Gewährleistung der kurzfristigen Einhaltung der Immissionsgrenzwerte enthalte. Beide Parteien legten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Revision ein. Der Kläger kann nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts allein aus dem nationalen Recht keinen Anspruch auf Aufstellung eines Aktionsplans herleiten. Das Bundesverwaltungsgericht hat gleichwohl dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob ein Einzelner nach dem Gemeinschaftsrecht von den zuständigen nationalen Behörden im Fall der Gefahr einer Überschreitung der Grenzwerte oder der Alarmschwellen die Erstellung eines Aktionsplans beanspruchen kann.

Der Europäische Gerichtshof bejahte nun diese Frage. Es sei mit dem zwingenden Charakter der Richtlinie unvereinbar, grundsätzlich auszuschließen, dass eine mit ihr auferlegte Verpflichtung von den betroffenen Personen geltend gemacht werden kann. Unmittelbar betroffene Einzelne müssten daher im Fall der Gefahr einer Überschreitung der Grenzwerte oder der Alarmschwellen bei den zuständigen nationalen Behörden die Erstellung eines Aktionsplans erwirken können. Diese Aussage sei auch dann gültig, wenn die Betroffenen nach nationalem Recht über andere Handlungsmöglichkeiten verfügen sollten, um die zuständigen Behörden dazu zu bringen, Maßnahmen zur Bekämpfung der Luftverschmutzung zu treffen.

Der Gerichtshof führte in Bezug auf den Inhalt der Aktionspläne aus, dass die Mitgliedstaaten nicht verpflichtete seien, Maßnahme dahin gehend zu ergreifen, dass es zu keinerlei Überschreitung mehr kommt. Unter der Aufsicht der nationalen Gericht obliege ihnen nur die Verpflichtung, im Rahmen eines Aktionsplans kurzfristig Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, die Gefahr der Überschreitung der Grenzwerte oder der Alarmschwellen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Umstände und alle betroffenen Interessen auf ein Minimum zu verringern und schrittweise zu einem Stand unterhalb dieser Werte oder Schwellen zurückzukehren.