Die Verwendung der VOB/B gegenüber Verbrauchern unterliegt der Einzelkontrolle

01.01.2012

Die Verwendung der VOB/B gegenüber Verbrauchern unterliegt der Einzelkontrolle

Mit Urteil vom 24.07.2008 (Az.: VII ZR 55/07) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Klausel der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) bei Verwendung gegenüber Verbraucher einer Einzelkontrolle nach §§ 307 ff. BGB unterliegen.

Der Bundesverband der Verbraucherzentrale e.V. hatte geklagt. Beim Beklagten handelt es sich um den Deutschen Vergabe- und Vertragsausschuss (DVA). Dieser ist ein nicht rechtsfähiger Verein, der nach seiner Satzung die Aufgabe hat, Grundsätze für die sachgerechte Vergabe und Abwicklung von Bauaufträgen zu erarbeiten und weiterzuentwickeln. Die im amtlichen Teil des Bundesanzeigers veröffentliche Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) Teile A und B Ausgabe 2002 wurde vom DVA verfasst. Nach Auffassung des Klägers, empfehle der Beklagte auch gegenüber Verbrauchern das Regelwerk der VOB/B für den rechtsgeschäftlichen Verkehr. Gemäß §§ 307 bis 309 BGB seien bei Verwendung gegenüber Verbrauchern 24 näher bezeichnete Klauseln dieses Regelwerks unwirksam. Daher sei der Beklagte verpflichtet, die Empfehlung dieser Klauseln im Verkehr mit Verbrauchern für Werk- und Werklieferungsverträge zu unterlassen und seine bereits erfolgte Empfehlung zu widerrufen. In erster und zweiter Instanz ist der Kläger mit der Klage gescheitert. Jedoch hob der Bundesgerichtshof nun das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zurück.

Der Bundesgerichtshof erläuterte, dass der Beklagte die VOB/B für den rechtsgeschäftlichen Verkehr empfehle. Entsprechend der Satzung des Beklagten sei das Klauselwerk im Bundesanzeiger unter Kenntlichmachung seiner Urheberschaft und in seinem Auftrag als DIN 1961 veröffentlicht worden. Daher könne der DVA gemäß § 1 Unterlassungsklagengesetz auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Kläger könne diesen Anspruch als in die Liste qualifizierter Einrichtungen eingetragener Verband auch geltend machen. Gemäß § 3 Abs. 2 Unterlassungsklagengesetz hätte etwas anderes nur zu gelten, wenn der Beklagte die VOB/B zur ausschließlichen Verwendung zwischen Unternehmern empfehlen würde. Der Beklagte hatte jedoch eine dahingehende Einschränkung der Empfehlung weder ausdrücklich ausgesprochen noch ergebe sie sich aufgrund sonstiger Umstände.

Nach Ansicht des Bundesgerichtshof unterliegen die einzelnen Klauseln bei einer Verwendung gegenüber Verbrauchern einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB. Zwar habe es der Bundesgerichtshof im Jahr 1982 als verfehlt angesehen, einzelne Bestimmungen dieses Klauselwerks einer Inhaltskontrolle zu unterziehen. Dies sei jedoch damit begründet worden, dass die VOB/B nicht den Vorteil nur einer Vertragsseite verfolge und einen auf die Besonderheiten des Bauvertragsrechts abgestimmten, im Ganzen einigermaßen ausgewogenen Ausgleich der beteiligten Interessen enthalte. In seinem aktuellen Urteil erachtet der Bundesgerichtshof diese auf richterliche Fortbildung gegründete Privilegierung der VOB/B bei Verwendung gegenüber Verbrauchern jedoch für nicht gerechtfertigt.

Ein maßgeblicher Gesichtspunkt für diese Privilegierung sei der Umstand, dass die VOB/B vom Beklagten unter Mitwirkung der Auftragnehmer- und der Auftraggeberseite erarbeitet werde und daher beide Seiten die Möglichkeit hätten, ihre jeweiligen Interessen zu vertraten und ihnen Geltung zu verschaffen. Für die in aller Regel geschäftlich nicht erfahrenen und damit besonders schutzbedürftigen Verbraucher treffe dies nicht zu. Von einer ordentlichen Mitgliedschaft im DVA seien Verbraucherverbände ausgeschlossen. Die spezifischen Interessen der Verbraucher würden auch nicht in hinreichendem Maße von den im DVA für die Auftraggeberseite tätigen Institutionen, insbesondere der öffentlichen Hand, vertreten.
Der Bundesgerichtshof konnte eigenen Angaben zufolge, eine Entscheidung zu den beanstandeten Klauseln nicht selbst treffen. Insoweit sei eine umfassende Würdigung vorzunehmen, in die insbesondere die typischen Interessen der Vertragsparteien und die Anschauung der beteiligten Verkehrskreise einzubeziehen seien. Bisher fehle es dazu an Feststellungen, teilte das Gericht mit. Die Sache sei insofern an das Berufungsgericht zurück verwiesen worden.

@NBSP@Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Jochen Zweschper, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht