Bauträger ist zur Auflassung verpflichtet, wenn nur noch geringfügige Zahlungen ausstehen

01.01.2012

Bauträger ist zur Auflassung verpflichtet, wenn nur noch geringfügige Zahlungen ausstehen

Mit Urteil vom 13.11.2007 (Az.: 13 U 3419/07) hat das Oberlandesgericht München entschieden, dass der Bauträger zur sofortigen Auflassung verpflichtet ist, wenn lediglich 2% des Erwerbspreises zur Zahlung offenstehen und der Bauträger mit der Beseitigung von Mängeln in Verzug geraten ist. Der Streitwert der Auflassungsklage bemisst sich in einem solchen Fall nicht nach dem vollen, sondern nur nach dem restlichen Kaufpreis, auch wenn Bauträger und Erwerber im Bauträgervertrag noch nicht die Auflassung erklärt haben.

Ein Bauträgervertrag sieht die bautenstandabhängige Zahlung des Erwerbspreises von 510.000 Euro vor. Aufgrund von Mängeln zahlt die Erwerberin 10.500 Euro nicht mehr. Die Erwerberin verlangt die noch nicht im Vertrag geklärte Auflassung ihrer Eigentumswohnung, nachdem der Bauträger trotz Zusage, teilweise die gerügten Mängel des Gemeinschaftseigentums zu beseitigen, nichts unternimmt. Der Bauträger ist laut Vertrag jedoch erst zur Auflassung verpflichtet, wenn die Erwerberin ihre Zahlungsverpflichtungen voll erfüllt hat. Die Wohnungseigentümergemeinschaft beschließt vor dem Auflassungsverlangen, nach erfolgloser Fristsetzung Kostenvorschuss zu verlangen.

Die Auflassungsklage hatte in beiden Instanzen Erfolg. Denn gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist die Klausel, wonach der Bauträger erst die Auflassung erklären muss, wenn die Erwerberin voll gezahlt hat, wegen Unvereinbarkeit mit dem Grundgedanken von § 320 BGB unwirksam. Die Erwägungen des Bundesgerichtshofs zur Aussetzung der bereits im Vertrag erklärten Auflassung bis zur vollständigen Zahlung gelten entsprechend, da so die Erwerberin ihr Leistungsverweigerungsrecht bei Mängeln verliert. Gegenüber dem Auflassungsverlangen der Erwerberin kann sich der Bauträger nicht auf das ihm grundsätzlich zustehende Leistungsverweigerungsrecht aus § 320 Abs. 1 BGB wegen des noch offenen Erwerbspreises berufen. Aufgrund des geringfügigen Erwerbspreisrestes von 2% und der zum Zeitpunkt des Auflassungsbegehrens unstreitig vorhandenen Mängel wäre ein solches Verhalten treuwidrig. Dass der Bauträger zwischenzeitlich nahezu fast alle unstreitigen Mängel beseitigt hat, ist hier unerheblich. Dies führt im Ergebnis nicht dazu, dass sein Leistungsverweigerungsrecht wieder auflebt. Da es nicht zu einem unzulässigen Nebeneinander von Anspruchstellern bzw. einer unerwünschten Gemengelage kommt, berührt dieses Recht ebenfalls nicht, dass die Gemeinschaft die Mängelansprüche "an sich gezogen hat". Ihr eigenes Leistungsverweigerungsrecht verlöre die Erwerberin sogar dann nicht, wenn sie ihre Gewährleistungsansprüche an Dritte abgetreten hätte. Der Streitwert bemisst sich nicht nach dem Wert der Eigentumswohnung, sondern nach dem noch offenen Erwerbspreis.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Jochen Zweschper, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht