Halbanrechnung der Vordienstzeiten in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes für Bestandsrentner ist rechtmäßig

01.01.2012

Halbanrechnung der Vordienstzeiten in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes für Bestandsrentner ist rechtmäßig

Die Verfassungsbeschwerde eines im Ruhestand befindlichen ehemaligen Arbeitnehmers im öffentlichen Dienst wurde durch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 18.04.2008 (Az.: 1 BvR 759/05) nicht zur Entscheidung angenommen. Der Beschwerdeführer wollte bei der Berechnung seiner Rente seine gesamte Rentenversicherungszeit angerechnet bekommen. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts sei es auch nach der Umstellung des Systems der Zusatzversorgung nicht zu beanstanden, dass bei der Berechnung der Zusatzversorgung für sogenannte Bestandsrentner lediglich der hälftige Teil der Rentenversicherungszeiten angerechnet werde, die nicht im öffentlichen Dienst zurückgelegt worden sind.

Auf Grund von Versorgungs-Tarifverträgen erhalten Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes eine Zusatzversorgungsrente, mit der die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung aufgestockt wird. Bei der Berechnung der gesamtversorgungsfähigen Zeit wurde ursprünglich die Zeit der Beschäftigung im öffentlichen Dienst voll und die sogenannte Vordienstzeit lediglich zur Hälfte berücksichtigt. Nach dem 31.12.2000 wurde das System der Zusatzversorgung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder jedoch geändert. Zum 31.12.2000 wurde das Gesamtversorgungssystem geschlossen und durch ein Versorgungspunktemodell ersetzt.

Grund für diese Veränderung war die "Halbanrechnungsentscheidung" des Bundesverfassungsgerichts vom 22.03.2000. In dieser Entscheidung sah das Gericht in der Halbanrechnung derartiger Vordienstzeiten bei voller Berücksichtigung der gesetzlichen Rente einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz, er nicht länger als bis zum Ablauf des Jahres 2000 hingenommen werden könne. Die Regelungen sehen für Bestandsrentner, das heißt für solche Versicherte, die bis zum 01.01.2002 versorgungsberechtigt geworden sind, jedoch vor, dass die bisher gegebenenfalls unter Anwendung des Halbanrechnungsgrundsatzes errechneten Beträge weitergezahlt werden. Für den betroffenen Personenkreis findet keine Neuberechnung unter Nichtanwendung des Halbanrechnungsgrundsatzes statt.

Der Beschwerdeführer, der seit dem 01.11.2000 eine Zusatzversorgungsrente bezieht, die unter Berücksichtigung des Halbanrechnungsgrundsatzes berechnet worden ist, klagte vor den Zivilgerichten auf Feststellung, dass vom 01.01.2001 ab seine Rentenversicherungszeiten, auch soweit sie nicht im öffentlichen Dienst zurückgelegt worden sind, bei der Errechnung seiner Rente voll einzubeziehen seien. Die Klage blieb ohne Erfolg. Der Bundesgerichtshof war zu dem Ergebnis gekommen, dass die Anwendung des Halbanrechnungsgrundsatzes bei der Berechnung der Versorgungsrente für solche Versicherte, die bis zum 31.12.2000 versorgungsberechtigt geworden seien, nicht gegen den Gleichheitssatz verstoße. Das Bundesverfassungsgericht schloss sich dieser Auffassung nun an.

Nach Ansicht des Bundesverfassungsgericht habe der Bundesgerichtshof zutreffend angenommen, dass das Bundesverfassungsgericht mit der Halbanrechnungsentscheidung nicht bezwecken wollte, dass für alle Rentner, insbesondere auch für diejenigen mit einem vor dem 01.01.2002 liegenden Rentenbeginn, die Rente ab dem 01.01.2002 nicht mehr von der Halbanrechnung beeinflusst werden dürfe. Vielmehr stütze sich die Bewertung des Bundesverfassungsgerichts in der Halbanrechnungsentscheidung auf eine Vielzahl von Aspekten, die sich nicht gleichzeitig und schlagartig auswirkten. Es sei vor diesem Hintergrund mit der Halbanrechnungsentscheidung vereinbar, den Ablauf des Jahres 2000 als den Zeitpunkt für den Beginn der erforderlichen Systemumstellung zu verstehen, nicht aber als einen Zeitpunkt, ab dem keine Rente mehr von der Halbanrechnung beeinflusst sein dürfte. Verfassungsrechtlich sei die Billigung der Entscheidung der Tarifvertragsparteien durch den Bundesgerichtshof, für Bestandsrentner die Rente gegebenenfalls unter Anwendung der Halbanrechnungsregelung zu berechnen, nicht zu beanstanden. Die Entscheidung für die Übergangsregelung sei vor dem Hintergrund entstanden, dass die Attraktivität der Beamtenversorgung ständig abnehme. Daher sollte der Wert der Annäherung der Versorgung der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes an die Beamtenversorgung nicht mehr höher veranschlagt werden, als das Interesse an einer Proportionalität zwischen im öffentlichen Dienst erbrachter Arbeitsleistung und im öffentlichen Dienst bezogener Altersversorgung.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Joachim Krumb, Fachanwalt für Verwaltungsrecht