Naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen müssen auch nach Planänderung durchgeführt werden

01.01.2012

Naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen müssen auch nach Planänderung durchgeführt werden

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 19.12.2007 (Az.: 9 A 22.06) entschieden, dass der Eigentümer einer für naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen vorgesehenen Fläche auch nach Planänderung eine Ersatzaufforstung auf seinem Eigentum dulden muss, wenn der zugrundeliegende Planfeststellungsbeschluss bestandskräftig ist. Diese Rechtswirkung kann nicht durch eine vertragliche Übereinkunft über die freihändige Veräußerung der für das Vorhaben benötigten Flächen und ein damit verbundener Verzicht auf seine Inanspruchnahme beseitigt werden. Etwas anderes gilt nur, wenn ein ablehnender Zweitbescheid erlassen worden wäre.

Im vorliegenden Fall hatte ein Grundstückseigentümer geklagt, dessen Grundstück für naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen vorgesehen war. Hintergrund war der geplante Ausbau einer Eisenbahnstrecke, die zur Inanspruchnahme von Waldflächen führte. Aus diesem Grunde sah der entsprechende Planfeststellungsbeschluss eine Ersatzaufforstung auf dem Grundstück des klagenden Eigentümers vor. Bis auf ein Flurstück verkaufte der Grundstückseigentümer die für das Vorhaben benötigten Flächen an den Vorhabensträger. Im Rahmen des notariell beurkundeten Grundstückskaufs gab dieser eine Erklärung ab, nach der er das Flurstück nicht als Ausgleichfläche in Anspruch nehmen würde. Der Grundstückseigentümer ließ im Vertrauen auf den Bestand dieser Erklärung den Planfeststellungsbeschluss unanfechtbar werden.

Der Vorhabensträger beantragt im weitern Verlauf beim Eisenbahn-Bundesamt die Änderung der Ausgleichsmaßnahme in der Form, dass auf eine Ersatzaufforstung, die auch das Grundstück des klagenden Eigentümers betroffen hätte, verzichtete werden könnte. Das Eisenbahn-Bundesamt lehnte dies jedoch ab. Der Eigentümer wendete sich hiergegen erfolglos mit seiner Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht.

In der Entscheidung führte das Bundesverwaltungsgericht dazu aus, dass der Eigentümer einer für naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen vorgesehene Fläche auch nach Planänderung eine Ersatzaufforstung dulden muss, wenn der zugrundeliegende Planfeststellungsbeschluss bestandskräftig ist. Dazu verwies das Gericht auf die besondere Ausschlusswirkung des Planfeststellungsbeschlusses, die ihm gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG zukommt. Die Ausschlusswirkung richtet sich gegen nachträgliche Unterlassungs- oder Änderungswünsche von durch das Vorhaben nachteilig Betroffenen. Nach den Ausführungen des Gerichts haben die Planbetroffenen das Vorhaben nach Eintritt der Bestandskraft zu dulden, und zwar auch bei später eintretenden veränderten Umständen. Dabei erstreckt sich die Duldungspflicht auch auf die Inanspruchnahme von Flächen für eine Bepflanzung, die der Anordnung naturschutz- oder waldrechtlicher Kompensationsmaßnahmen geschuldet ist.

Aus Sicht des Gerichts konnte die im Rahmen des Grundstückskaufvertrages vom Vorhabensträger abgegebene Erklärung, er werde auf eine Inanspruchnahme des betreffenden Flurstücks verzichten, an der Ausschlusswirkung der Planfeststellung nichts ändern. Nur im Wege der Planänderung nach § 76 VwVfG konnte sich der Vorhabenträger aus der Verpflichtung, auf dem Flurstück eine Ersatzaufforstung vorzunehmen, lösen. Jedoch ist der Antrag auf Planänderung erfolglos geblieben, so dass der Eigentümer weiterhin verpflichtet blieb, auf seinem Eigentum die angeordnete Ersatzaufforstung zu dulden.

Im Übrigen weist das Gericht daraufhin, dass der Eigentümer die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde, an der Ausgleichsmaßnahme festzuhalten, zumindest dann gerichtlich überprüfen lassen könnte, wenn ihm gegenüber insoweit ein ablehnender Zweitbescheid erlassen worden wäre. Allerdings sei ein solcher Zweitbescheid nur gegenüber dem Vorhabenträger ergangen. Dieser hat den Zweitbescheid nicht angefochten, sodass das Eigentum des Klägers auf der Grundlage des Planfeststellungsbeschlusses für die Ausgleichsmaßnahmen in Anspruch zu nehmen ist.