Bau der Autobahn A 44 geht weiter

01.01.2012

Bau der Autobahn A 44 geht weiter

Mit Urteil vom 12.03.2008 (Az.: BVerwG 9 A 3.06) hat das Bundesverwaltungsgericht die Klage des BUND gegen den Bau eines Teilstücks der Autobahn A 44 im Bereich der Stadt Hessisch Lichtenau im Wesentlichen abgewiesen. Durch den Bau des Teilstücks soll eine Lücke auf der Autobahnverbindung Rhein/Ruhr-Kassel-Dresden geschlossen werden. Die Trasse der geplanten Autobahn durchschneidet nördlich von Hessisch Lichtenau teils in Tunnel-, teils in Tieflage das Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (FFH-Gebiet) Lichtenauer Hochland. Der Bau der umstrittenen Autobahn kann nun fortgesetzt werden.

Wegen unzureichender Berücksichtigung möglicher Planungsalternativen hatte das Bundesverwaltungsgericht im Jahr 2001 einer ersten Klage des Naturschutzvereins stattgegeben. Das beklagte Land erließ aufgrund eines ergänzenden Verfahrens einen Änderungs- und Ergänzungsbeschluss, mit dem im Interesse des Gebietsschutzes Änderungen des Vorhabens planfestgestellt wurden, ohne von der gewählten Nordtrasse abzurücken.

Im Mittelpunkt des erneuten Klageverfahrens standen die Fragen, ob das modifizierte Vorhaben mit den Erhaltungszielen des Schutzgebietes verträglich ist oder ob es im Falle seiner Unverträglichkeit jedenfalls aufgrund einer so genannten Abweichungsentscheidung zugelassen werden durfte. Voraussetzung für Letzteres ist, dass das Vorhaben aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig ist und keine zumutbaren Trassenalternativen zur Verfügung stehen.

Das Bundesverwaltungsgericht verneinte die erste Frage für die zu den Erhaltungszielen des Gebietes gehörenden Pfeifengraswiesen und Mageren Flachland-Mähwiesen. Es verblieben trotz angeordneter Schutzmaßnahmen vernünftige Zweifel, ob die Pfeifengraswiesen durch die beim Betrieb der Autobahn zu erwartenden Stickstoffbelastungen nicht erheblich beeinträchtigt würden. Durch dauerhafte Flächeninanspruchnahme sei außerdem von einer erheblichen Beeinträchtigung der Flachland-Mähwiesen und betriebsbedingte Stickstoffeinträge auszugehen. Dagegen werde der gleichfalls dem Gebietsschutz unterfallenden Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling durch Verluste und Durchschneidung von Teilen seiner Habitatfläche nicht erheblich beeinträchtigt.

Das Gericht ließ die wegen der genannten Gebietsbeeinträchtigungen zur Zulassung des Vorhabens erforderliche, von der Planfeststellungsbehörde hilfsweise getroffene Abweichungsentscheidung allerdings unbeanstandet. Die gebotene Abwägung zwischen den für das Vorhaben geltend gemachten Gründen des öffentlichen Interesses und den gegenläufigen Belangen des Habitatschutzes habe der Beklagte in der mündlichen Verhandlung durch eine weitere Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses rechtlich einwandfrei nachgeholt. Dem Bundesverwaltungsgericht erschienen weder die südliche noch die anderen nördlich von Hessisch Lichtenau in Betracht kommenden Trassenvarianten als zumutbare Alternativen. Der Planfeststellungsbeschluss habe in seiner Endfassung Ausgleichsmaßnahmen zur Sicherung des Europäischen Netzes Natura 2000, die eine weitere Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Abweichungsentscheidung seien, im gebotenen Umfang angeordnet. Lediglich eine Regelung zur Bewirtschaftung der betroffenen Wiesen, die mit zusätzlichen Risiken für deren Erhaltung verbunden gewesen wäre, hat das Gericht beanstandet.