Inkrafttreten des rheinland-pfälzischen Nichtraucherschutzgesetz teilweise ausgesetzt

01.01.2012

Inkrafttreten des rheinland-pfälzischen Nichtraucherschutzgesetz teilweise ausgesetzt

Durch einem Beschluss vom 11.02.2008 (Az.: VGH A 32/07 u.a.) haben mehrere Betreiber von Ein-Raum-Gaststätten vor dem rheinland-pfälzische Verfassungsgerichtshof einen Erfolg erzielt. In einem Eilverfahren entschiede der Gerichtshof, dass in kleinen Gaststätten bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde der Wirte vorläufig weiter geraucht werden darf. Das durch § 7 des rheinland-pfälzischen Nichtrauchergesetzes angeordnete Rauchverbot in Gaststätten hat der Verfassungsgerichtshof insoweit einstweilen ausgesetzt, als es sich auch auf ausschließlich inhabergeführte Ein-Raum-Gaststätten ohne Beschäftigte erstreckt. Die restlichen Vorschriften des Gesetzes treten wie geplant zum 15.02.2008 in Kraft.

Gaststätten müssen nach dem neuen rheinland-pfälzischen Nichtraucherschutzgesetz grundsätzlich rauchfrei bleiben. Betreiber einer Gaststätte können ausnahmsweise in abgetrennten und entsprechend gekennzeichneten Räumen das Rauchen erlauben. Fünf Betreiber von Ein-Raum-Gaststätten, deren bauliche Anordnung nach ihren Angaben die räumliche Abtrennung eines separaten Raucherbereichs ausschließt, haben gegen das Nichtraucherschutzgesetz Verfassungsbeschwerde eingelegt. Gerügt wurde dabei eine Verletzung ihrer Berufsfreiheit und ihres Eigentumsrechts. Ihre Stammkundschaft bestünde zu mindestens 80 Prozent aus Rauchern. Die Wirte befürchten infolge der gesetzlichen Neuregelung mit gravierenden Umsatzrückgängen rechnen zu müssen, die sie in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedrohen. Ein weiterer Beschwerdeführer, der keine Gaststätte betreibt, fühlt sich als Raucher durch das Rauchverbot in seinem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit verletzt. Alle Beschwerdeführer haben Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, mit der das Inkrafttreten des Gesetzes zum 15.02.2008 vorläufig ausgesetzt werden soll. Die Anträge der Gaststättenbetreiber hatten Erfolg. Jedoch wurde der Antrag des Rauches abgelehnt.

Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten verfügten die Betreiber von Ein-Raum-Gaststätten nicht über die Möglichkeit, einen von dem rauchfreien Gastraum abgetrennten Raucherbereich einzurichten. Es sei ihnen zugleich verwehrt, sich ? unter entsprechend deutlich sichtbarem Hinweis an etwaige Nichtraucher ? für eine Gaststätten des Rauchens zu entscheiden. Das Rauchverbot beeinträchtige deshalb diese Wirte tendenziell stärker als die Besitzer von Gaststätten, in denen aufgrund ihrer Größe Raucherräume eingerichtet werden könnten. Ob diese wirtschaftlich voraussichtlich gravierende Ungleichbehandlung gerechtfertigt sei, werde erst später in den Hauptsacheverfahren über die Verfassungsbeschwerde entschieden. Bei der jetzt zu treffenden Entscheidung seien die Nachteile für die Beschwerdeführer durch das Inkrafttreten des Nichtraucherschutzgesetzes am 15.02.2008 gegen die Folgen abzuwägen, die durch die vorläufige Aussetzung der die Ein-Raum-Gaststätten betreffenden gesetzlichen Regelungen eintreten würden. Das Ergebnis dieser Folgenabwägung falle zugunsten der Betreiber kleiner Ein-Raum-Gaststätten ohne Beschäftigte aus.

Den Betreibern könnten schwere und praktisch nicht wieder gut zu machende wirtschaftliche Nachteile entstehen, würde das Nichtraucherschutzgesetz auch für Ein-Raum-Gaststätten vor der Entscheidung über die Verfassungsbeschwerden in Kraft treten. Angesichts eines Raucheranteils von mindestens 80 Prozent unter den Stammkunden müssten sie mit wirtschaftlichen Konsequenzen rechnen, die zur Bedrohung oder gar Vernichtung ihrer beruflichen Existenz führen könnten. Diese Prognose sei von den Wirten nachvollziehbar dargelegt worden. Vergleichbare, schon in Kraft befindliche Rauchverbote anderer Bundesländer hätten, nach marktforschungsgestützten Angaben des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes e.V., zu teilweise erheblichen Umsatzeinbußen für Ein-Raum-Gaststätten geführt. Dies gelte vor allem auch angesichts zunächst gleichbleibender vertraglicher Verpflichtungen aus Bierlieferungsverträgen und Pachtzinsvereinbarungen. Innerhalb eines kurzen Zeitraums könnte dies zu einer rapiden Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation einer nicht nur geringen Zahl von Ein-Raum-Gaststätten führen. Deshalb spreche ein effektiver Grundrechtsschutz der Betroffen im Verfassungsbeschwerdeverfahren dagegen, zunächst die Widerlegung oder den tatsächlichen Eintritt der prognostizierten existenzgefährdenden Situation abzuwarten. Der Grundrechtsschutz in der Hauptsache käme im letzteren Fall wegen irreparabler Nachteile zu spät.

Die mit dem Erlass einer einstweiligen Anordnung verbunden Nachteile seien demgegenüber weniger gewichtig. Mit der Einführung der Rauchfreiheit in Gaststätten verfolge der Gesetzgeber zwar das verfassungsrechtlich legitime Ziel, insbesondere Familien mit Kindern, Menschen mit chronischen Atemwegserkrankungen und Jugendlichen den Besuch von Gaststätten zu ermögliche, ohne sie einer Passivrauchbelastung auszusetzen. Darüber hinaus werde ebenfalls bezweckt die gesundheitliche Gefährdung der Beschäftigten in Gaststätten zu verringern. Jedoch seien die Folgen der kurzfristig zunächst fortbestehenden Möglichkeit, in Ein-Raum-Gaststätten zu rauchen, für den angesprochenen Personenkreis begrenzt. Dies gelte gerade für inhabergeführte Gaststätten, die keine weiteren Personen beschäftigten. Denn typischerweise gehörten Familien mit Kindern und Menschen mit chronischen Atemwegserkrankungen nicht zum Gästekreis solcher kleinen Ein-Raum-Gaststätten mit erfahrungsgemäß hohem Raucheranteil. Das vorübergehende Festhalten an der bisherigen Rechtslage für Ein-Raum-Gaststätten begründe daher noch keine Nachteile, die möglicherweise existenzgefährdende Konsequenzen für die betroffenen Gastwirte aufwiegen würden. Die inhabergeführten Ein-Raum-Gaststätten, in denen bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerden das Rauche zugelassen werden könne, müssen jedoch an ihrem Eingang deutlich sichtbar als nicht rauchfreie Gaststätten gekennzeichnet werden. So könnten Nichtraucher vorab eine selbstständige und bewusste Entscheidung treffen, ob sie eine solche Gaststätte aufsuchen wollten.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte den Eilantrag des Rauchers ab. Für ihn begründe das vorgesehene Inkrafttreten des Nichtraucherschutzgesetzes keine besonders schweren, praktisch nicht wieder gut zu machenden persönlichen Nachteile. Er habe angesichts der verbleibenden Möglichkeit zu rauchen bis zur Entscheidung über seiner Verfassungsbeschwerde lediglich eine Beeinträchtigung seiner allgemeinen Handlungsfreiheit in einem Grenzbereich hinzunehmen.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Dr. Alfred Stapelfeldt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht