Die Investorenauswahl einer Kommune unterliegt dem Vergaberecht

01.01.2012

Die Investorenauswahl einer Kommune unterliegt dem Vergaberecht

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat mit Beschluss vom 06.02.2008 (Az.: VII-Verg 37/07) entschieden, dass die Investorenauswahl einer Kommune dem Vergaberecht unterliegt. Dadurch wurde eine Entscheidung der Vergabekammer bestätigt, die einen geänderten Grundstücksvertrag zwischen einer Kommune und einem Investor für nichtig erachtet hatte, weil die Kommune ihrer Informationspflicht nach § 13 Vergabeverordnung nicht nachgekommen war.

Mit einem Investor hatte die betroffenen Stadt einen notariellen Kaufvertrag über ein größeres Areal im nicht beplanten Innenstadtbereich abgeschlossen. Nach Abriss der vorhandenen Gebäude sollte darauf zur Stärkung der Attraktivität der Innenstadt mit einem Investitionsvolumen von mehr als 20 Millionen Euro ein Einzelhandels- und Dienstleistungszentrum entstehen. Die Antragstellering, die sich gewerblich mit Projektentwicklung befasst, brachte später einen Nachprüfungsantrag vor der zuständigen Vergabekammer ein. Die Kommune schloss während des Nachprüfungsverfahrens mit dem Investor einen notariellen Änderungsvertrag, um Ansatzpunkte für eine mögliche rechtliche Beanstandung des Kaufvertrags im Nachprüfungsverfahren auszuräumen. Wegen Sittenwidrigkeit wurde der Vertrag von der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Münster für nichtig erklärt und die Stadt verpflichtet, den Vertrag auszuschreiben, wenn an dem Vorhaben festgehalten werden soll.

Es ging im vorliegenden Beschwerdeverfahren vorwiegend um die Fragen, ob der Investor gegenüber der Stadt eine rechtliche Verpflichtung eingegangen war, das Einzelhandels- und Dienstleistungszentrum zu errichten, und ob für die Annahme eines öffentlichen Bauauftrags die Deckung eines eigenen Beschaffungsbedarfs des öffentlichen Auftraggebers, hier der Stadt, vorauszusetzen ist.
Das Oberlandesgericht hatte sich zunächst ausführlich damit auseinandergesetzt, ob die Sache wegen dieser im Inland sehr umstrittenen Frage nach § 124 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen dem Bundesgerichtshof oder in der Form eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 234 des EG-Vertrages dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen war. Da der Europäische Gerichtshof die Streitfrage in mehreren Urteilen bereits eindeutig, und zwar im Sinne der Auffassung des Gerichts, entschieden habe, wurde ein Vorabentscheidungsersuchen verneint. Damit folgte das Gericht der Linie des Europäischen Gerichtshofes weiterhin. Ebenso wie die Vergabekammer hielt das Gericht den Vertragsschluss in vergaberechtlicher Hinsicht für rechtsunwirksam.

Denn die Antragstellerin des Nachprüfungsverfahrens wurde von der Stadt nicht über das Vorhaben, mit dem Investor den vom Gericht für maßgebend erachteten Änderungsvertrag abzuschließen, vorab informiert. Nach § 13 Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge wäre sie dazu verpflichtete gewesen. Die Nichtbeachtung dieser Vorschrift führe zur Nichtigkeit des Vertrages.

Eine Bauverpflichtung wegen der Bedeutung des Vorhabens sowie aufgrund bestimmter Anhaltspunkte im Kaufvertrag wurde jedoch vom Gericht angenommen, zugleich wurde aber darauf hingewiesen, dass es bei der gebotenen europarechtlichen Auslegung des deutschen Vergaberechte eine Bau- oder Realisierungsverpflichtung des Auftragnehmers zur Bejahung eines öffentlichen Bauauftrags möglicherweise nicht bedarf. Letztlich wurde die jedoch offen gelassen. In dieser Entscheidung hat das Oberlandesgericht erneut klar gestellt, dass die Annahme eines öffentlichen Auftrags, insbesondere eines öffentlichen Bauauftrags, nicht davon abhängig zu machen ist, ob der öffentliche Auftraggeber durch den Auftrag einen eigenen Beschaffungsbedarf decken will.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Jochen Zweschper, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht