Primärrechtschutz im Vergabeverfahren durch einstweilige Verfügung

01.01.2012

Primärrechtschutz im Vergabeverfahren durch einstweilige Verfügung

Das Landgericht Frankfurt/Oder hat mit Urteil vom 14.11.2007 (Az.: 13 O 360/04) entschieden, dass dann, wenn der öffentliche Auftraggeber im Vergabeverfahren willkürlich handelt, darin in der Regel ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz begründet liegt. Dem Bieter ist in diesen Fällen die Möglichkeit des Primärrechtsschutzes durch Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nach §§ 935, 940 ZPO eröffnet.

Die Antragstellerin hatte an einer öffentlichen Ausschreibung mit einem Auftragsvolumen deutlich unter 100.000 Euro teilgenommen. Sie rügte mit dem Angebotsschreiben eine Reihe von Unklarheiten im Leistungsverzeichnis. Sie hatte sowohl ein Hauptangebot, als auch ein Nebenangebot abgegeben. Insgesamt wurden neun Hauptangebote abgegeben, wobei die Antragstellerin mit ihrem Hauptangebot an dritter Stelle lag. Nachdem die Vergabestelle den Bedenken der Antragstellerin nicht folgte, begehrte diese einstweiligen Rechtsschutz gegen die drohende anderweitige Zuschlagserteilung im Wege der einstweiligen, zuschlagsbezogenen Unterlassungsverfügung.

Vom Landgericht wurde der Vergabestelle verboten, einen Zuschlag zu erteilen. Nachdem die Rechtswegfrage für Rechtsschutzverfahren unterhalb der Schwellenwerte geklärt sei, käme der Erlass einer einstweiligen Verfügung nach §§ 935, 940 ZPO in Gestalt einer zuschlagsbezogenen Unterlassungsverfügung als Sicherungsmittel in Betracht. Im Unterschwellenbereich könne primärer Vergaberechtsschutz lediglich häufig aus tatsächlichen Gründen nicht wahrgenommen werden, was aber nichts daran ändere, dass er zur Verfügung stehe. Hier bestehe kein rechtsfreier Raum, in dem eine Vergabestelle Ausschreibungen gegebenenfalls auch willkürlich durchführen könne. Aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 3 GG ergebe sich der Anspruch der Antragstellerin, in diesem Vergabeverfahren die Unterlassung der Zuschlagserteilung verlangen zu können. Um einen solchen Anspruch zu begründen genüge zwar nicht jeder Verstoß gegen Vergabevorschriften. Allerdings folge der Anspruch unmittelbar aus Art. 3 GG. Voraussetzung dafür sei, dass der öffentliche Auftraggeber willkürlich, ohne sachlich rechtfertigenden Grund, Vergabevorschriften verletze und dem Bieter deswegen ein Schaden drohe. Wenn eine Leistungsbeschreibung in einem solchen Maß fehlerhaft sei, dass eine Vergleichbarkeit der auf ihr basierenden Angebote schlechterdings ausgeschlossen erscheine, sei dies der Fall. Im zu Grunde liegenden Fall wurde dies bejaht.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Dr. Alfred Stapelfeldt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht