Sorgfältige Auswahl des Nachunternehmers genügt der Organisationspflicht

01.01.2012

Sorgfältige Auswahl des Nachunternehmers genügt der Organisationspflicht

Mit Urteil vom 11.10.2007 (Az.: VII ZR 99/06) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass eine Organisationspflicht grundsätzlich nur in Bezug auf den Teil des Herstellungsprozesses angenommen werden kann, der vom Unternehmer organisiert werden kann. Regelmäßig gehört dazu nicht der Herstellungsprozess, der vom Nachunternehmer in eigener Verantwortung und außerhalb des Einflussbereichs des Unternehmers vorgenommen wird. Vergibt der Unternehmer Leistungen zur Herstellung von Bauteilen an einen Nachunternehmer, die er mangels eigener Fachkunde oder mangels Lizenzierung nicht selbst vornehmen kann, genügt er grundsätzlich seien Obliegenheiten, wenn er den Nachunternehmer sorgfältig aussucht.

Der beklagte Bauunternehmer verpflichtete sich zur Errichtung einer Dachkonstruktion aus 30 Nagelplattenbindern für eine Turnhalle. Der Beklagte ließ die mitbeauftragte Statik von einem Nachunternehmer erstellen, der über eine Zulassung für das von ihm entwickelte System verfügte. Ebenfalls durch einen Nachunternehmer erfolgte die Herstellung der Binder. Dieses war ein in der Branche anerkanntes Unternehmen, das ? im Gegensatz zum Beklagten ? über eine entsprechende Lizenz verfügte. Der Beklagten nach eine Überwachung der Herstellung der Binder ebenso wenig vor wie eine Endkontrolle vor der Abnahme. Da die Binder abweichend von der Statik hergestellt worden waren, stürzte das Dach nach mehr als 17 Jahre nach der Abnahme ein. Wegen des entstandenen Sachschadens nahm der Bauherr den Beklagten in Anspruch. Eine Haftung des Beklagten wurde vom Oberlandesgericht bejaht, unter anderem aus eigenem Organisationsverschulden, da der Beklagte verpflichtet gewesen wäre, die Übereinstimmung der Binder mit den statischen Vorgaben während der Herstellung und nach der Fertigstellung zu kontrollieren.

Der Bundesgerichtshof kam nun zu einer andern Auffassung. Im vorliegenden Fall war der Beklagte im Rahmen seiner Organisationspflichten weder zur begleitenden Kontrolle des Herstellungsprozesses beim Nachunternehmer noch zu einer nochmaligen eigenen Kontrolle der fertigen Binder auf Übereinstimmung mit den statischen Vorgaben verpflichtet. Eine abstrakte Bestimmung des Umfangs der Organisationspflichten ist laut Bundesgerichtshof nicht möglich, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Überwachungspflicht kann sich aber in jedem Fall nur auf den Herstellungsprozess beziehen, der im tatsächlichen Einflussbereich des Beklagten liegt und von ihm fachlich beurteilt werden kann. Ist beides nicht der Fall, so genügt der Beklagte seiner Organisationspflicht, wenn er den Nachunternehmer sorgfältig aussucht.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Jochen Zweschper, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht