Das Erwerbseinkommen einer Beamtenwitwe darf auf das Witwengeld angerechnet werden

01.01.2012

Das Erwerbseinkommen einer Beamtenwitwe darf auf das Witwengeld angerechnet werden

Mit Beschluss vom 11.12.2007 (Az.: 2 BvR 797/04) hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass das Erwerbseinkommen einer Beamtenwitwe auf das Witwengeld angerechnet werden darf. Die zugrunde liegende Vorschrift des § 53 Gesetz über die Versorgung der Beamten und Richter in Bund und Ländern (BeamtVG) erachtete das Bundesverfassungsgericht als verfassungsrechtlich unbedenklich. Insbesondere verwies es dabei auf den Gedanken des Vorteilsausgleichs, der die Anrechnung rechtfertige.

Ruhestandesbeamte und ihre Hinterbliebenen müssen sich nach § 53 BeamtVG auf ihre Versorgungsbezüge in gewissem Umfang anderweitiges Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen anrechnen lassen. Dafür müssen die Versorgungsbezüge zusammen mit dem anderweitigen Einkommen eine bestimmt Höchstgrenze übersteigen. Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen aus einer Beschäftigung in der Privatwirtschaft finden allerdings nur so lange Berücksichtigung, bis der Versorgungsberechtigte das 65. Lebensjahr vollendet hat.

Die 1955 geborene Beschwerdeführerin ist die Witwe eines im Jahre 2001 verstorbenen Beamten. Aufgrund eigenen Erwerbseinkommens der Beschwerdeführerin aus einer Tätigkeit für ein privates Versicherungsunternehmen wurde das Witwengeld, das zunächst auf rund 2.590 DM festgesetzt worden war, bis zu einer Höhe von etwa 887 DM zum Ruhen gebracht. Vor den Verwaltungsgerichten blieb die hiergegen gerichtete Klage ohne Erfolg. Die Beschwerdeführerin wandte sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen die Anrechnung ihres Einkommens auf ihre Versorgungsansprüche. Des Weiteren rügte sie, dass ihr Einkommen mit dem Bruttobetrag in die Ruhensberechung eingestellt worden war.

Die Verfassungsbeschwerde wurde vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen. Die Anrechnung des privaten Erwerbseinkommens der Beschwerdeführerin auf das Witwengeld sowie die Zugrundlegung des Bruttobetrages seien verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Insoweit sei die Vorschrift des § 53 BeamtVG verfassungsrechtlich unbedenklich, als sie eine Anrechnung privatwirtschaftlichen Erwerbseinkommens des Ruhestandsbeamten selbst auf das Ruhegehalt vorsehen. Durch den Gedanken des Vorteilsausgleichs sei dies gerechtfertigt. Der vorzeitige Ruhestandseintritt und der damit verbundene vorzeitige Wegfall der Dienstleistungspflicht könne auf Seiten des Beamten Arbeitskraft freisetzen und ihm es im Einzelfall ermöglichen, in erheblichem Umfang außerhalb des öffentlichen Dienstes erwerbstätig zu sein. Zusammen mit seinem Ruhegehalt könne er unter Umständen ein die vollen ruhegehaltfähigen Dienstbezüge weit übersteigendes Einkommen erzielen. Laut Bundesverfassungsgericht schlagen sich derartige Vorteile zu Lasten des Dienstherrn nieder. Infolge der vorzeitigen Zurruhesetzung gehe diesem die Arbeitskraft des Beamten verloren. Gleichzeitig sei er über einen längeren Zeitraum hinweg zur Erbringung von Versorgungsleistungen verpflichtet. Es sei dem Gesetzgeber daher gestattet, die durch einen Wegfall der Dienstleistungsverpflichtung vor Erreichen der Altersgrenze eintretende Verschiebung des Pflichtgefüges im Beamtenverhältnis durch eine Anrechnungsregelung auszugleichen. Mit der Vorschrift des § 53 BeamtVG sei dies sachgerecht erfolgt.

Hiervon ausgehend begegne auch die in § 53 BeamtVG vorgesehene Anrechnung privatwirtschaftlichen Erwerbseinkommens einer Beamtenwitwe auf das Witwengeld keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Von der Verfassung könne der Versorgungsanspruch des Hinterbliebenen nicht besser geschützt werden als die Ansprüche des Beamten selbst, aus dessen Rechtsposition sich die Hinterbliebenenversorgung herleite.
Die konkrete Ausgestaltung der Vorschrift sei verfassungsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Denn nur bei besonders hohem Erwerbseinkommen greife die Anrechnungsregelung ein. Hierdurch und durch die Ausrichtung am Familieneinkommen des verstorbenen Beamten gewährleiste sie, dass keine unzumutbare Beeinträchtigung in der Lebensführung der Witwe des Beamten eintrete.

Dass auch bei hohem Erwerbseinkommen ein zusätzliches Witwengeld erhalten bleibe, stelle das Gesetz ebenfalls sicher. Damit sei eine völlige Entwertung des Beamtendienstes im Hinblick auf die Versorgung der Witwe ausgeschlossen. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass der Anspruch auf Witwengeld nicht endgültig erlösche, sondern nur solange ruhe, wie die Witwe auch tatsächlich zusätzliches Erwerbseinkommen erziele.

Im Hinblick auf das Alimentationsprinzip erachteten es die Richter für unbedenklich, dass das Erwerbseinkommen der Beschwerdeführerin mit dem Bruttobetrag in die Berechnung eingestellt wurde. Die Beschwerdeführerin habe nicht dargetan, dass ihr im Endergebnis ein Nettoeinkommen verbleibe, das nicht mehr amtsangemessen wäre.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Joachim Krumb, Fachanwalt für Verwaltungsrecht