Beschränkung von Werbung für Lotterien verstößt nicht gegen die Bayerische Verfassung

01.01.2012

Beschränkung von Werbung für Lotterien verstößt nicht gegen die Bayerische Verfassung

Mit einer Entscheidung vom 18.12.2007 (Az.: Vf. 9-VII-05) hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof bekanntgegeben, dass die Regelung im Staatsvertrag zum Lotteriewesen zur Beschränkung von Werbung für Lotterien nicht gegen die Bayerische Verfassung verstößt. Die damit verbundenen Einschränkungen des Lotteriewesens dienten mit der Bekämpfung der Entstehung von Spielsucht einem übergeordneten Gemeinwohlziel.

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hatte über eine Popularklage betreffend die Verfassungswidrigkeit zweier Staatsverträge zum Lotteriewesen zu entscheiden. In § 14 enthält der von allen Ländern geschlossene Lotteriestaatsvertrag Anforderungen an die gewerbliche Vermittlung von öffentlichen Glücksspielen mit Ausnahme der Spielbanken. Im Regionalisierungsstaatsvertrag wird die Verteilung der den Ländern zustehenden Lotterieeinnahmen mit dem Ziel geregelt, Einnahmeverschiebungen zwischen den Ländern aufgrund gewerblicher Spielvermittlung auszugleichen.

Die Antragstellerin hatte geltend gemacht, dass § 14 Lotteriestaatsvertrag die Berufsfreiheit der gewerblichen Spielvermittler unverhältnismäßig stark einschränke. Mit Gemeinwohlbelangen seien die Beschränkung der Werbemöglichkeiten und die Verpflichtung, mindestens zwei Drittel der von den Spielern vereinnahmten Beiträge für die Teilnahme am Spiel an den Veranstalter weiterzuleiten, sowie verschiedene Offenlegungspflichten nicht zu rechtfertigen. Dem Schutz der Spielteilnehmer dienten die Regelungen nur vordergründig, letztlich sollten gewerbliche Spielvermittler vom Markt verdrängt und dadurch die Einnahmen des Staates gesichert werden. Zudem sei die Reglung nicht durch höherrangiges Recht gedeckt, auch deshalb sei sie nichtig. Dem Landesgesetzgeber fehle es an einer Regelungskompetenz. Der Regionalisierungsstaatsvertrag verfolge darüber hinaus ebenfalls rein wirtschaftliche Ziele. Der Wettbewerb werde unzulässig eingeschränkt und sowohl gegen europäisches Recht als auch gegen Bundesrecht verstoßen.

Die Popularklage wurde vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof als unbegründet abgewiesen. § 14 Abs. 2 Lotteriestaatsvertrag verletze weder das Rechtsstaatsprinzip noch das Grundrecht der Handlungsfreiheit. Denn mit der vom Gesetzgeber beabsichtigten Bekämpfung der Spielsucht liege den Regelungen in § 14 Abs. 2 Lotteriestaatsvertrag ein besonders wichtiges Gemeinwohlziel zugrunde. Nach dem gegenwärtigen Stand der Forschung könnten Glücksspiele zu krankhaftem Suchtverhalten führen. Daher sei die Beschränkung der Werbemaßnahmen geeignet und erforderlich, die Spielsucht zu bekämpfen. Auf Belange des Gemeinwohls stützt sich ebenfalls die Verpflichtung des gewerblichen Spielvermittlers, zwei Drittel der von den Spielern vereinnahmten Beträge zur Teilnahme am Spiel weiterzuleiten. Die Pflichten zur Offenlegung dienten dem Schutz der Spieler vor betrügerischen Machenschaften bei Glücksspielangeboten und vor Übervorteilung durch Täuschung über Gewinnchancen. Es seien keine Anhaltspunkte für unverhältnismäßige Eingriffe in die Rechte der Spielvermittler aus Art. 101 BV erkennbar.

Die Richter wiesen das Argument der Antragstellerin zur mangelnden Regelungskompetenz mit der Begründung zurück, dass die Zustimmung des Landesgesetzgebers zu den Vorschriften über die gewerbliche Spielvermittlung nicht gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetztes verstoße. Ein Verstoß der Regelungen in § 14 Abs. 2 Lotteriestaatsvertrag gegen Vorschriften des Bundesgesetzgebers zum Beispiel im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb sei ebenfalls nicht ersichtlich. Es ergäben sich auch keine Bedenken unter dem Gesichtspunkt der Systemgerechtigkeit und der Widerspruchsfreiheit von Normen. Eine Verfassungswidrigkeit der Regelung ergebe sich auch nicht aus dem Einwand der Antragstellerin, die aggressive Werbepraxis der staatlichen Lotteriegesellschaften stehe im Widerspruch zu der für gewerbliche Spielvermittler geltenden Beschränkungen auf angemessene Werbemaßnahmen. Da die Veranstalter der gleichen Beschränkung unterlägen sei diese vielmehr in sich widerspruchsfrei. Auch sei sie nicht zu unbestimmt. Es ergäben sich hinreichend deutliche Konturen für den Umfang der zulässigen Werbemaßnahmen durch die Bezugnahme auf § 1 Lotteriestaatsvertrag.

Der Regionalisierungsstaatsvertrag sei ebenso wenig verfassungsrechtlich zu beanstanden. Dieser Vertrag verstoße zwar nach Auffassung des Bundeskartellamts gegen europäisches Recht, weil er Einschränkungen des Wettbewerbs der Lottogesellschaften auf dem Markt für Lotterien und auf dem Nachfragmarkt für die Leistungen nach bundesweiter gewerblicher Spielvermittlung bewirke. Doch selbst wenn diese Rechtsauffassung zugrunde gelegt werde, sei der Zustimmungsbeschluss des Bayerischen Landtags zum Regionalisierungsstaatsvertrag nicht verfassungswidrig.

Für eine Verletzung des Rechtsstaatsprinzips der Bayerischen Verfassung, die im Popularklageverfahren alleiniger Prüfungsmaßstab sei, fehle es bereits an einem offensichtlichen Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht. Die Mitgliedstaaten könnten nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften im Interesse des Gemeinwohls die Zulassung von Glücksspielen beschränken. Ein Verstoß der Vorschriften des Regionalisierungsstaatsvertrages gegen das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit sei hier auch nicht ersichtlich. Hier werde zwar mittelbar die wirtschaftliche Betätigung der gewerblichen Spielvermittler beeinträchtigt, aber mit Blick auf die verfolgten Gemeinwohlziele seien die Einschränkungen nicht unverhältnismäßig.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Dr. Alfred Stapelfeldt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht