Versorgungsabschlag bei Teilzeitbeschäftigung unzulässig? VG Frankfurt/Main ruft Bundesverfassungsgericht an

01.01.2012

Versorgungsabschlag bei Teilzeitbeschäftigung unzulässig? VG Frankfurt/Main ruft Bundesverfassungsgericht an

Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat mit Vorlagebeschluss vom 20.08.2007 (Az.: 9 E 3021/05(2)) das Bundesverfassungsgericht angerufen. Denn das Verwaltungsgericht war zur Auffassung gelangt, dass der Versorgungsabschlag bei Teilzeitbeschäftigung, der für vor dem 17.05.1990 liegende Beschäftigungszeiten gilt, verfassungswidrig ist. Das Bundesverfassungsgericht soll jetzt vor allem über die Frage der Konformität des Abschlags mit dem Gleichheitsgrundsatz entscheiden.

Geklagte hatte eine beamtete Lehrerin im Ruhestand. Sie erhält Versorgungsbezüge unter Anwendung eines Versorgungsabschlages wegen Teilzeitbeschäftigung. Die im Rahmen ihrer Versorgung nicht voll berücksichtigten Zeiten beziehen sich auf den Zeitraum bis zum 17.05.1990. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes entfällt der Versorgungsabschlag augrund des gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverbots erst ab dem 17.05.1990 bei Anwendung der degressiven Ruhegehaltstabelle auf Teilzeitbeschäftigte, weil in den weitaus meisten Fällen Frauen von der Kürzung ihrer Versorgungsbezüge durch den Versorgungsabschlage betroffen sind.

Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main sieht für Dienstzeiten vor diesem Stichtag die übergangsweise fortgeltenden Regelungen zum Versorgungsabschlag als mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG unvereinbar an. Aufgrund dessen hat sich das Gericht an das Bundesverfassungsgericht gewandt. Zur Begründung wurde angeführt, dass Art. 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 GG sowohl unmittelbare, als auch mittelbare Diskriminierungen wegen des Geschlechts in Anlehnung an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes verbiete. Der Tatbestand einer mittelbaren Diskriminierung sei vorliegend erfüllt.

Der bei der Bestimmung des maßgeblichen Ruhegehaltssatzes im Hinblick auf die genannten Vorschriften zu berücksichtigende Versorgungsabschlag, wirke sich bei Teilzeitbeschäftigten versorgungsmindernd aus. Es gehe jedoch aus allen vorliegenden Erhebungen eindeutig hervor, dass der Anteil männlicher Teilzeitbeschäftigter an den Beschäftigten in der Hessischen Landesverwaltung wesentlich geringer sei als derjenige der weiblichen Teilzeitbeschäftigten. Durch sachliche Gründe könne die teilzeitbedingte Benachteiligung von Frauen in der Beamtenversorgung nicht gerechtfertigt werden. Jedenfalls seien haushaltspolitische Erwägungen oder das Ziel, öffentliche Ausgaben zu begrenzen nicht geeignet eine Ungleichbehandlung wegen der Geschlechts zur rechtfertigen. Auch im Hinblick auf den Umstand, dass es sich bei der Regelung um eine bloße Übergangsvorschrift handele, sei die Verfassungsmäßigkeit der einschlägigen Vorschrift nicht anderes zu beurteilen.

Wenn sich die Ungleichbehandlung aus Regelungen ergibt, die nicht an die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Geschlecht anknüpft, wohl aber an Umstände, die ein bestimmtes Geschlecht typischerweise aufgrund seiner Lebenssituation stärker treffen und benachteiligen, liegt eine mittelbare Diskriminierung vor. Somit sind Regelungen als diskriminierend einzustufen, die zwar ihrerseits geschlechtsneutral formuliert und deshalb auf Frauen und Männer gleichermaßen anzuwenden sind, tatsächlich jedoch aus Gründen, die auf dem Geschlecht beruhen, erheblich mehr Frauen als Männer nachteilig treffen. Etwas anderes gilt dann, wenn die Maßnahme oder Regelung durch objektive Gründe gerechtfertigt ist, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Joachim Krumb, Fachanwalt für Verwaltungsrecht