§ 1a Satz 1 AEntG verstößt nicht gegen Art. 12 GG

01.01.2012

§ 1a Satz 1 AEntG verstößt nicht gegen Art. 12 GG

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 20.03.2007 (Az.: 1 BvR 1047/05) entschieden, dass § 1a Satz 1 AEntG (Gesetz über zwingende Arbeitsbedingungen bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen) nicht gegen Art. 12 GG verstößt. Danach haftet ein Bauunternehmer für die Verpflichtung seiner Nachunternehmer gegenüber deren Arbeitnehmer wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Nach Auffassung des Gerichts ist die Zielsetzung des Gesetzes, den Bauunternehmer zur größeren Sorgfalt bei der Auswahl seiner Nachunternehmer anzuhalten, vom weiten Beurteilungs- und Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers bei Fragen der sozialen Sicherheit gedeckt.

Vorliegend hatte ein portugiesischer Maurer, der vom 21.02.2000 bis zum 15.05.2000 für seinen portugiesischen Arbeitgeber auf einer Baustelle in Berlin tätig war, beim deutschen Hauptunternehmer Mindestlohn eingeklagt. Der Fall wurde vom Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 06.11.02 Az.: 5 AZR 617/01) zum Europäischen Gerichtshof (Urteil vom 12.10.2004 Az.: RS. C@NBSP@- 60/03) weitergeleitet. Von dort kam er über die Verfassungsbeschwerde des Bauunternehmers zum Bundesverfassungsgericht. Der verurteilte deutsche Bauunternehmer berief sich dabei auf Art. 12 GG. Unter anderem mit dem Hinweis darauf, dass die Einhaltung der Mindestarbeitsbedingung auch auf weniger belastende Weise, beispielsweise durch Einführung eines gesetzlichen Abzugsverfahrens wie etwas bei der Bauabzugssteuer, hätte erreicht werden können.

Das Bundesverfassungsgericht nahm die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an. Es läge zwar eine Beeinträchtigung der Berufsfreiheit aus Art. 12 GG vor, allerdings habe das Ziel, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen aufgrund des Sozialstaatsprinzips Verfassungsrang. Der Gesetzgeber habe daher in diesen Fragen einen weiten Spielraum bei der Einschätzung, ob das von ihm vorgesehene Gesetz geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sei. Der Gesetzgeber durfte somit annehmen, dass ein Ausschluss der Haftung des Bauunternehmers, etwa aufgrund fehlenden Verschuldens bei der Auswahl des Nachunternehmers, nicht den gleichen Effekt haben würde, wie die verschuldensunabhängige, umfassende Bürgenhaftung. Denkbare Alternativen zur Abdeckung des Risikos der Nichtzahlung des Mindestlohns wäre beispielsweise vermehrte Baustellenkontrollen und eine allgemeine Umlagefinanzierung, aber der Gesetzgeber durfte erwarten, dass die vorgesehene Bürgenhaftung genau der richtige Weg sein würde. Weil er die effektivsten Kontrollmöglichkeit zur Einhaltung der Mindestarbeitsbedingungen aus der Hand gibt, erhöht ein Bauunternehmer, der sich eines Nachunternehmers bedient und nicht von eigenen Arbeitnehmern die Bauleistungen ausführen lässt, selbst das Risiko für Verstöße.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Joachim Krumb, Fachanwalt für Verwaltungsrecht