Auch ohne gesonderten Klageantrag muss das Gericht alle in Betracht kommenden höheren Vergütungsgruppen prüfen

01.01.2012

Auch ohne gesonderten Klageantrag muss das Gericht alle in Betracht kommenden höheren Vergütungsgruppen prüfen

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 06.06.2007 (Az.: 4 AZR 4007/06) entscheiden, dass wenn das Gericht den Antrag eines Polizisten auf Eingruppierung in eine höhere Vergütungsgruppe (vorliegend VerGr BAT Vc) ablehnt, weil der Anteil der selbstständigen Leistungen von mindestens einem Drittel nicht erfüllt sei, dann müsse auch ohne gesonderten Klageantrag geprüft werden, ob nicht eine Eingruppierung in VerGr BAT VIc in Frage kommt, in der nur "mindestens zu einem Fünftel selbstständige Leistungen" erbracht werden müssen. Denn hier enthalte das Tätigkeitsmerkmal der angestrebten Vergütungsgruppe eine besondere quantitative Bestimmung bezüglich des Anteils einer bestimmten Anforderung.

Seit 1999 ist der Kläger im Polizeidienst der Hansestadt Hamburg tätig. Unter anderem gehören zu seinen Aufgaben die Verwahrung Festgenommener, die Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen und die datenmäßige Bearbeitung der Aufnahmen und Abgleichung bestehenden Dateien. Zunächst wurde der Kläger von der Beklagten nach VerGr BAT VII vergütet. Die ihm übertragenen Tätigkeiten erforderten gründliche und vielseitige Fachkenntnisse, so der Kläger. In mindestens einem Drittel seiner Gesamttätigkeit fielen Arbeitsvorgänge an, die selbstständige Leistungen erforderten. Deshalb habe der die Eingruppierung in der VerGr BAT Vc für zutreffend gehalten.

Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht Hamburg haben die Klage abgewiesen. Die dem Kläger übertragenen Aufgaben verlangten zwar gründliche und vielseitige Fachkenntnisse, jedoch seien selbstständige Leistungen nicht zu mindestens einem Drittel seiner Gesamttätigkeit erforderlich.

Die Revision des Klägers war zum Teil erfolgreich. Die Erwägungen des Landesarbeitsgerichts zu dem Tatbestandsmerkmal der VerGr BAT Vc "mindestens zu einem Drittel selbstständige Leistungen" seien nicht zu beanstanden, so das Bundesarbeitsgericht. Es wurde jedoch vom Landesarbeitsgericht zu Unrecht nicht geprüft, ob nicht für einen Zeitraum , in welchem der Kläger nach VerGR VII bezahlt worden war, Vergütung nach der höheren VerGR VIb geschuldet war. Enthalte das Tätigkeitsmerkmal der angestrebten Vergütungsgruppe eine besondere quantitative Bestimmung bezüglich des Anteils einer bestimmten Anforderung, dessen Vorliegen das Landesarbeitsgericht hinsichtlich des geforderten Anteils verneint, so müsse es jedenfalls dann auch ohne gesonderten Klageantrag das Tätigkeitsmerkmal der niedrigeren Vergütungsgruppe überprüfen, wenn ein ansonsten identisches Tätigkeitsmerkmal einen geringeren Anteil derselben Anforderung vorsieht und der Arbeitnehmer bislang Vergütung nach einer noch niedrigeren Vergütungsgruppe erhalten hat.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Joachim Krumb, Fachanwalt für Verwaltungsrecht