Bevorzugung von neueren Anlagen bei der Zuteilung von Emissionsberechtigungen ist verfassungsgemäß

01.01.2012

Bevorzugung von neueren Anlagen bei der Zuteilung von Emissionsberechtigungen ist verfassungsgemäß

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 13.03.2007 (Az.: 1 BvF 1/05) entschieden, dass die Bevorzugung neuerer Anlagen bei der Zuteilung von Emissionsberechtigungen nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot verstößt und somit verfassungsgemäß ist. Im Interesse des Klimaschutzes dürfe der Gesetzgeber besondere Investitionsanreize für zusätzliche Neuanlangen und künftige Modernisierung vorsehen. Gerade darin liege der Sinn und Zweck des Emissionshandels. Der gegen § 12 Zuteilungsgesetz 2007 gerichtete Normenkontrollantrag des Landes Sachsen- Anhalt wurde damit abgelehnt.

In Europa besteht seit dem Jahr 2005 die Möglichkeit, mit Berechtigungen zur Emission von Treibhausgasen zu handelt. Grundlage hierfür ist die von der Europäischen Union erlassene Emissionshandelsrichtlinie. Die teilnehmenden Staaten geben danach an die ansässigen Betriebe Emissionszertifikate aus, wodurch diese zum Ausstoß einer bestimmten Menge von Treibhausgasen berechtigt sind. Unterschreiten die Emissionen die in den Emissionszertifikaten festgelegten Grenzen, haben die betreffenden Unternehmen die Möglichkeit, die Zertifikate an andere Unternehmen zu verkaufen, deren Treibhausausstoß über den zugewiesenen Kontingenten liegt. Der Handel soll auf eine Verringerung von Treibhausgasemissionen hinwirken.

In Umsetzung des Gemeinschaftsrechts hat der deutsche Gesetzgeber das Zuteilungsgesetz 2007, das am 31.08.2004 in Kraft getreten ist, erlassen. Darin werden die Gesamtmenge an Kohlendioxid- Emissionen in Deutschland für die Zuteilungsperiode 2005 bis 2007 sowie Regeln für die Zuteilung von Emissionsberechtigungen festgelegt. Unterschieden wird im Zuteilungsgesetz 2007 zwischen bestehenden Anlagen und Neuanlagen, wobei die Neuanlagen bei der Zuteilung von Berechtigungen gegenüber bestehenden Anlagen aufgrund unterschiedlicher Zuteilungsregeln grundsätzlich begünstigt sind.

§ 12 Zuteilungsgesetz 2007 enthält eine besondere Zuteilungsregelung, der die Anerkennung frühzeitiger Emissionsminderungen vorsieht. Zwischen dem 01.01.1994 und dem 31.12.2002 erfolgte Emissionsminderungen aufgrund von Modernisierungsmaßnamen werden für zwölf folgende Kalenderjahre bei der Zuteilung gegenüber nicht modernisierten Bestandsanlangen bevorzugt. Mit dieser Regelung soll sichergestellt werden, dass die erheblichen Vorleistungen bei der Sanierung der Industrie und Energiewirtschaft insbesondere in den neuen Bundeslängern jedenfalls teilweise bei der Zuteilung berücksichtigt werden können.

Nach Meinung der Regierung des Landes Sachsen- Anhalt würden frühzeitige Modernisierungsmaßnahmen nicht hinreichend gewürdigt und somit sei § 12 Zuteilungsgesetz 2007 nicht mit dem Gleichheitssatz zu vereinbaren. Hierdurch ergäben sich insbesondere für viele ostdeutsche Unternehmen Wettbewerbsnachteile. Auch würden Unternehmen, die durch Modernisierungsmaßnahmen in den neunziger Jahren bereits frühzeitig zur Minderung von Treibhausemissionen beigetragen hätten, benachteiligt. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts ist jedoch die Bevorzugung neuerer Anlagen sachlich gerechtfertigt.

Zudem habe § 10 Zuteilungsgesetz 2007 in besonderem Maße die Minderung der Treibhausgasemissionen bis 2012 um 21 Prozent gegenüber 1990 im Blick. Durch die Vorschrift würden Innovationsanreize für zusätzliche Neuanlagen geschaffen und diene damit dem aktiven Klimaschutz. Dagegen hätten Maßnahmen, die vor Inkrafttreten des Emissionshandelssystems ergriffen worden seien, keinen weiteren Klimaschutzeffekt. Es gehe bei § 12 Zuteilungsgesetz 2007 nur noch um eine angemessene Honorierung für Vergangenes.

Eine verfassungsrechtlich ungerechtfertigte Ungleichbehandlung könne auch bei einem Vergleich der Zuteilung für nach dem 01.01.2005 vorgenommene bloße Modernisierungen von Altanlagen mit der Zuteilung für frühzeitige Emissionsminderungen nach § 12 Zuteilungsgesetz 2007 nicht festgestellt werden. Nach Ansicht der Verfassungsrichter ist es dem Gesetzgeber durchaus gestattet für künftige Modernisierungen besondere Anreize vorzusehen.

Eine unsachgemäße Ungleichbehandlung liege schließlich auch nicht bei unter § 12 Zuteilungsgesetz 2007 fallenden Anlagen im Vergleich zu Anlagen, die vor dem Jahr 1994 modernisiert worden seien, vor. Ein Betreiber, der seine Anlagen bis Ende 1993 modernisiert und dadurch zur Reduktion der Treibhausgase beigetragen habe erhalte zwar keine Vergünstigung, jedoch werde er behandelt wie Betreiber nicht modernisierter Bestandsanlagen. Allerdings sei diese Ungleichbehandlung gerechtfertigt. Die Anknüpfung an den Stichtag 31.12.1993 sei von der Bundesregierung sachgerecht damit begründet worden, dass belastbares Datenmaterial, das für die Feststellung einer relevanten frühzeitigen Emissionsminderungsmaßnahme erforderlich ist, andernfalls nicht greifbar gewesen wäre.